Erst Steuerfachangestellte und dann Studium – Jederzeit wieder, so wie ich es gemacht habe und nicht anders. Ich freue mich, hier von meinen Erfahrungen als Steuerfachangestellte, dem anschließenden Studium und der Zeit danach berichten zu können.
1995 habe ich mein Abitur in Hannover absolviert und im Grunde genommen war für mich immer klar, dass mein Beruf mit Zahlen zu tun haben musste. Das lag mir besonders und ist bis zum heutigen Tag mein Steckenpferd geblieben.
Schon in den Abiturvorbereitungen habe ich mir Gedanken über meinen künftigen Beruf gemacht. Ein Studium direkt nach dem Abitur kam für mich damals nicht in Frage, da ich praktische Erfahrungen sammeln wollte. Durch einen eher glücklichen Zufall erzählte mir genau zu dieser Zeit mein Bruder von dem Vater eines Freundes – der war Steuerberater. Sofort habe ich mich schlau gemacht und die Entscheidung war gefallen.
Sicher hatte ich davon gehört, dass viele Schulabgänger Probleme mit der Suche nach dem geeigneten Ausbildungsplatz haben und wirklich viele Bewerbungen schreiben mussten, um Erfolg zu haben. Da meine Abiturnote eher mittelmäßig ausgefallen war, rechnete ich auch für mich mit einer längeren Suche. Dem war jedoch nicht so.
Und so lief auch meine gesamte Ausbildung wirklich gut. Mein Chef und Ausbilder, alle Kollegen und Mandanten waren vom ersten Tag an sehr nett, hilfsbereit und haben mir zu einem durchweg guten Verlauf verholfen. Ich weiß noch zu gut, wie aufgeregt ich am ersten Tag in der Kanzlei war. In der Nacht davor war an Schlaf kaum zu denken.
Insgesamt waren wir fünf Auszubildende mit unterschiedlich fortgeschrittener Ausbildung und haben uns gegenseitig immer unterstützt. Das war schon immer eines der Leitbilder der Kanzlei. Mit mir hat noch eine weitere Auszubildende zur Steuerfachangestellten begonnen.
In der ersten Woche unserer Ausbildung hatten wir beide einen ständigen Begleiter an der Seite, der uns in die Kunst der Steuerfachangestellten eingewiesen hat – rund um die Uhr.
Das war klasse und hat uns die ersten Berührungsängste genommen.
Aufgrund meines Abiturs bot sich die Möglichkeit, die Ausbildung zur Steuerfachangestellten auf zwei Jahre zu verkürzen. Dies nahm ich dankend an und habe es nicht bereut. Die Klasse in der Berufsschule bestand ausschließlich aus Schülern mit 2jähriger Ausbildung. Schnell wurde klar was es bedeutet, wenn Unterrichtsstoff für 3 Jahre innerhalb von 2 Jahren vermittelt werden muss: Tempo, Tempo!
Wie schon gesagt lag mir das Thema Zahlen sehr, so dass Rechnungswesen kein Problem darstellte. Steuerrecht hingegen fiel mir anfangs schon etwas schwerer. Noch nie hatte ich Gesetzestexte gelesen, geschweige denn verstanden. Thema Umsatzsteuer… damals ein Buch mit sieben Siegeln für mich! Da rauchte mir der Kopf. Hier musste ich mich wirklich durchfuchsen und einarbeiten. Aber wenn man den Stoff erstmal verstanden hat, dann baut sich alles recht logisch aufeinander auf. Viele Gesetze und Richtlinien muss auch man nicht hinterfragen, sondern auch einfach hinnehmen, auswendig lernen und anwenden!
Heute kaum mehr vorstellbar, aber damals fing ich an, mich mit dem Computer zu beschäftigen. Bis dahin hatte ich in der Schule alle Rechenwege noch per Hand oder Taschenrechner vornehmen müssen. Das erste Mal hatte ich nicht nur Verantwortung für mich. Die Ergebnisse für die Mandanten lagen in meinem Verantwortungsbereich!
Und gute Arbeitsergebnisse überzeugten meinen Chef natürlich. So war er für mich jederzeit ansprechbar, wenn ich Fragen hatte. Ich habe von ihm und meinen Kollegen, die schon jahrelang in der Kanzlei gearbeitet haben, viele gute praktische Tipps erhalten. Wissbegierig wie ich war, nahm er mich dann auch mit zu seinen Mandanten in die Unternehmen, was mir neben der Theorie in der Kanzlei auch Einblicke in andere Firmen ermöglichte und Selbstsicherheit brachte.
Die zwei Jahre meiner Ausbildung zur Steuerfachangestellten vergingen wie im Flug. Ich habe wahnsinnig viel gelernt und am Ende bereits nahezu die Dinge und Aufgaben übernehmen dürfen, die eine ausgelernte Steuerfachangestellte alltäglich zu bearbeiten hat. Meine Mitstreiterin hat leider im Laufe der Ausbildung aufgegeben, weil es für sie zu viel zu lernen gab und sie dafür nicht bereit war. Ich war am Ziel meiner beruflichen Vorstellung angekommen… dachte ich! Aber es ging weiter.
Die Abschlussprüfung habe ich mit guter Note abgeschlossen und den Ehrgeiz entwickelt, weiter zu kommen. Mein Chef hat mich „übernommen“ und ich habe dort noch einige Jahre als Steuerfachangestellte gearbeitet. Ich durfte bald auch im Bereich der Wirtschaftsprüfung unterstützend mitarbeiten und habe die Begeisterung für den Beruf nie verloren.
Da mir in der Kanzlei eine super Ausbildung ermöglicht wurde und ich dies auch selbst weiter unterstützen wollte, habe ich gerne in den folgenden Jahren mit den nachkommenden Auszubildenden zusammen gearbeitet. Sogar eine kleine Lerngruppe für die Berufsschule hat sich entwickelt.[sam id=“3″ codes=“true“]
Im Jahr 2003 bin ich mit meinem Ehemann für einige Jahre ins Ausland gegangen. Dort konnte ich meinen Beruf leider nicht mehr ausüben, weil das Steuerrecht eben ein komplett anderes ist. Das hat mich anfangs wirklich traurig gemacht. Was nun? Ich habe mich irgendwann entschlossen auf dem Weg eines Fernstudiums Betriebswirtschaft zu studieren. Gesagt getan und schon hatte ich mich angemeldet. 2008 habe ich dann das Zeugnis mit sehr guter Note als Betriebswirtin mit Schwerpunkt Finanzwirtschaft erhalten.
2005 sind wir dann wieder zurück nach Deutschland gekommen. Im Gepäck unser Sohn, der damals gerade ein paar Monate alt war. Die ersten Jahre habe ich mich vorrangig um unser Kind gekümmert, aber ständig darauf geachtet, dass ich den Faden nicht verliere. Das Steuerrecht verändert sich so rasend schnell, dass man wirklich auf eigene Fortbildung achten muss.
Im Jahr 2010 habe ich dann meine Chance gesehen und mich selbständig gemacht. Das Kind ging in den Kindergarten, der Schulanfang stand bevor und ich wollte wieder etwas für mich tun. Wichtig war mit mittlerweile, dass ich mein eigener Herr sein wollte, daher die gewählte Selbständigkeit.
Klein angefangen als selbständige Buchhalterin und Assistentin für Unternehmer habe ich mir in den letzten Jahren einen beständigen Kundenstamm aufgebaut. Meine Kunden profitieren davon, dass ich als Buchhalterin ihre laufenden Geschäftsvorfälle erfasse, Gehaltsabrechnungen erstelle und beratend unterstützen kann. Natürlich bewegt sich dies innerhalb eines gesetzlich zugelassenen Rahmens, da ich nicht alle Arbeiten übernehmen darf, die ein Steuerberater verrichten kann. Durch mein Studium kann ich zusätzlich die Unternehmensberatung anbieten und begleite auch kleine Unternehmensgründungen.
Um es einmal auf den Punkt zu bringen: Ich liebe meine Arbeit. Nahezu jeden Morgen gehe ich voller Tatendrang in mein kleines Büro und freue mich bei Büroschluss über die Ergebnisse, die ich erarbeiten konnte. Und ob man es mir glaubt oder nicht: Der größte Lohn ist oftmals das „Dankeschön“ meiner Kunden.
Und das Lernen hat kein Ende – zur Zeit durchlaufe ich noch ein Aufbaustudium im aktuellen Steuerrecht. Hier heißt es innerhalb von 9 Monaten alle Steuerarten wieder aufzufrischen.
von Stephanie Dargel (36 Jahre – ehemalige Auszubildende zur Steuerfachangestellten und Teil des Steuerazubi-Teams)