Das deutsche Steuerrecht hat immer wieder ein paar nette Begrifflichkeiten in petto. Unter anderem zählt dazu auch das Teileinkünfteverfahren.
Bist du diesem Ausdruck schon einmal begegnet und möchtest wissen, was sich dahinter verbirgt und was du dabei beachten musst?
Dann solltest du dir die nachfolgenden Zeilen aufmerksam zu Gemüte führen. Auch wenn du bisher noch nichts davon gehört hast, sollte dich dieser Artikel interessieren. Selbst wenn dir der praktische Bezug zu dieser Thematik fehlt, wirst du allerspätestens in der Berufsschule damit konfrontiert, sodass du unter Umständen sogar mit Vorwissen glänzen kannst.
Wenn dein Mandant als privater Anleger Einkünfte aus Kapitalvermögen bezieht, fallen diese unter die Veranlagung seiner persönlichen Einkommensteuer beziehungsweise werden sie der Abgeltungsteuer unterworfen.
Somit sind Beteiligungen, die im Privatvermögen gehalten werden, in der Regel nicht von der Anwendung des Teileinkünfteverfahrens betroffen.
Allerdings kann zum Teileinkünfteverfahren optiert werden, wenn zum Beispiel die Beteiligung in den letzten Jahren bei mindestens 1 Prozent lag und der Anteilseigner beruflich für die Gesellschaft tätig ist.
Wer den einen oder anderen Euro über hat, sollte durchaus darüber nachdenken, ob er einen Teil seines Kapitals gewinnbringend anlegen möchte. Das passende Anlagenmodell kannst du beispielsweise auf dieser Seite finden.
Doch was ist, wenn Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft von deinem Mandanten im Betriebsvermögen gehalten werden? Aufgrund des Subsidiaritätsprinzip des § 20 Abs. 8 EStG werden diese Einkünfte den Einkünften aus Gewerbebetrieb, aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung zugerechnet. Je nachdem, welche Art von Einkünften dein Mandant mit seinem Unternehmen erzielt.
Die Dividendenerträge oder die Erträge aus der Veräußerung von Beteiligungen sind dann zum Teil Betriebseinnahmen und die Aufwendungen, die in diesem Zusammenhang entstanden sind, Betriebsausgaben beziehungsweise Werbungskosten.
Mit der Einführung der Unternehmensteuerreform 2008 in Deutschland löste das Teileinkünfteverfahren das bis dahin geltende Halbeinkünfteverfahren ab. Zuvor waren Einnahmen aus der Beteiligung an Kapitalgesellschaften zu 50% steuerpflichtig – also Halb steuerpflichtig/Halb steuerfrei. Daher auch der Begriff Halbeinkünfteverfahren.
Das ablösende Teileinkünfteverfahren brachte im Wesentlichen die Veränderung, dass die Einkünfte nun mehr als hälftig der Besteuerung unterliegen.
Ich persönlich finde es immer wichtig, nicht nur Fakten und Paragrafen auswendig zu lernen, sondern auch wenigstens im Ansatz zu verstehen, was hinter den einzelnen Regelungen steckt. Auch wenn einiges auf den ersten Blick willkürlich erscheint, steckt dahinter in den meisten Fällen eine logische Erklärung. Daher stell dir die Frage: Warum sind die Erträge nicht zu 100 Prozent Betriebseinnahmen und die Aufwendungen nicht vollständig absetzbar?
Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, solltest du im ersten Schritt überlegen, wann es überhaupt zur Ausschüttung von Dividendenerträgen kommt. Eine Ausschüttung ist nur deshalb möglich weil die Kapitalgesellschaft einen Gewinn erzielt hat. Der Gewinn wird auf der Ebene der Gesellschaft natürlich versteuert, bevor es zur Ausschüttung an die Anteilseigner kommt.
Wenn die Erträge der Anteilseigner nun nochmal zu 100 Prozent Betriebseinnahmen wären, käme es zu einer Doppelbesteuerung, die natürlich nicht wünschenswert ist. Das ist der Grund, warum die Einnahmen nur zum Teil als Betriebseinnahmen verbucht werden.
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Nun – Wie genau soll das in der Praxis funktionieren?
Die Einnahmen aus der Beteiligung an Kapitalgesellschaften von Einzelunternehmern und Personengesellschaften sind zu 40 Prozent steuerfreie – beziehungsweise zu 60 Prozent steuerpflichtige Betriebseinnahmen. Die Grundlage dafür bietet das Einkommensteuergesetz im § 3 Absatz 40.
Im Umkehrschluss sind damit im Zusammenhang stehende Aufwendungen auch nur zu 60% als Betriebsausgabe oder als Werbungskosten zu verbuchen.
Eventuell einbehaltene Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag sind als Privatentnahme zu behandeln im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung als Vorauszahlung anrechenbar. Denn der Gewinn des Einzelunternehmens oder der Personengesellschaft wird auf Ebene der persönlichen Einkommensteuer des Unternehmers oder der Gesellschafter versteuert.
Beispiel:
Die bilanzierende Gewerbetreibende Maria Müller hält 100 Aktien der XY AG in ihrem Betriebsvermögen. Im Juli 2016 erhält Frau Müller eine Dividende und folgende Abrechnung ihrer Hausbank:
100 Aktien x 12 € je Aktie | 1.200,00 € | |
./. | Kapitalertragsteuer (25% von 1.200 €) | 300,00 € |
./. | Solidaritätszuschlag (5,5% von 300 €) | 16,50 € |
= | Bankgutschrift | 883,50 € |
Die Dividenden stellen grundsätzlich erstmal Betriebseinnahmen in Höhe von 1.200,00 € dar. Aufgrund der Anwendung des Teileinkünfteverfahrens sind 40 Prozent – also 480,00 € steuerfrei und außerbilanziell vom Gewinn wieder abzuziehen.
Die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge (300,00 € Kapitalertragsteuer und 16,50 € Solidaritätszuschlag) musst du in der Einkommensteuererklärung von Frau Müller in der Anlage KAP eintragen, damit sie entsprechend berücksichtigt werden. Da die Dividendenerträge bereits Teil des betrieblichen Gewinns sind, dürfen sie nicht nochmal erfasst werden.
Im Rahmen der Buchhaltung verbuchst du diesen Vorgang wie folgt:
Bank | 883,50 € | ||
Privatentnahme | 316,50 € | ||
an | |||
Steuerpflichtige Erträge (60%) | 720,00 € | ||
Steuerfreie Erträge (40%) | 480,00 € |
Bisher wurden nur die Erträge aus der Beteiligung an Kapitalgesellschaften von Privatleuten, Einzelunternehmen und Personengesellschaften erläutert.
Doch fragst du dich auch was passiert, wenn beispielsweise eine GmbH (also eine andere Kapitalgesellschaft) beteiligt ist?
Kommt es zur Ausschüttung an eine andere Kapitalgesellschaft sind die Erträge steuerfrei § 8b Abs. 1 KStG. Lediglich 5% der Einnahmen stellen nicht abzugsfähige Betriebsausgaben dar § 8b Abs. 3 KStG. Selbes gilt analog für Veräußerungsgewinne.
Nicht alles, was sich im ersten Moment kompliziert anhört ist auch kompliziert. Wenn man den Sinn dahinter kennt und der Sache etwas die Dramatik nimmt, erscheint vieles sogar logisch – meistens zumindest. Ich hoffe, ich konnte dir mit diesem Artikel die Thematik ein wenig näher bringen und dir einen Wissensvorsprung verschaffen oder für eine Auffrischung sorgen.
Hast du Anregungen oder Fragen? Zögere nicht und hinterlasse entweder einen Kommentar oder schreibe uns im Forum. Wir freuen uns auf dich.
4 Comments
Hallo Frau Engelke,
könnten Sie mir vielleicht erklären wie genau die Abgeltungssteuer mit dem TEV zusammenhängt? Wann und bei welcher Rechtsform wird welches Verfahren angewandt?
Vielen Dank
Eine wirklich sehr gute Erläuterung der Hintergründe zum Teileinkünfteverfahren – herzlichen Dank!
Nur bei schachteldividende gilt die steuerbefreiung, ansonsten volle Besteuerung !
Bei niedrigeren Ausschuttungsbetragen kann die Abgeltungsteuer wegen der Gewahrung des Sparerfreibetrages gunstiger sein als die Anwendung des Teileinkunfteverfahrens .