Als Azubi will man sich natürlich von seiner besten Seite präsentieren. Der Chef und die Kollegen sollen schnell merken, dass man eine von ihnen ist.
Auch als Auszubildende kannst du schon viel leisten. Klar ist es so, dass du hauptsächlich zum Lernen im Unternehmen anwesend bist.
Denn schon nach einigen Wochen hast du die Abläufe im Groben durchschaut. Es kehrt eine zarte Routine ein. Du kannst mehr und mehr selbständig arbeiten. Natürlich gelten die selben Rechte und Pflichten für dich, was Verschwiegenheit, Sorgfalt und Pünktlichkeit angeht.
Was ist jedoch von der Ausübung von Überstunden zu halten?
Wenn der ältere Kollege aus der Buchhaltung fast täglich eine Stunde länger bleibt, kann ich doch nicht Punkt 5 Feierabend machen, oder?!
Auf diese und andere Fragen versuche ich dir im Folgenden ein paar Antworten zu liefern.
Was genau zählt unter Überstunden?
Eigentlich alle Zeiträume, die über deine regelmäßige Arbeitszeit (die wiederum dein Ausbildungsvertrag regelt) hinausgehen.
Und wie definiert man „Arbeitszeit“?
Das ist die Zeit, die in deinem Ausbildungsvertrag zu ersehen ist. Abzüglich der Pausen (§4 (1) JArbSchG).
Der Besuch der Berufsschule wird auf die Arbeitszeit angerechnet.
Falls in deinem Unternehmen Gleitzeit gilt, herrschen natürlich andere Regeln.
Arbeitszeiten können von Azubi zu Azubi variieren. Zum Teil sind sie tariflich festgelegt.
In allen anderen Fällen gelten für Minderjährige und Volljährige zwei unterschiedliche Gesetze, die diesen Aspekt regeln, das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) bzw. das Arbeitszeitgesetz (ArbZG).
Was sagt das Gesetz zum Thema Überstunden von Azubis?
Die Paragraphen sprechen diesbezüglich eine sehr klare Sprache:
Azubis müssen bzw. dürfen keine Überstunden machen!
Es gibt eine Ausnahme und das sind absolute Notfälle.
Und damit meine ich absolute Notfälle. Ein adäquates Beispiel hierfür wäre, wenn es buchstäblich brennt. Dann würde von einem Azubi erwartet werden, dass er Hilfe leistet, um wichtige Dinge aus der Betriebsstätte zur retten.
Zum anderen ist es kein dringlicher Notfall, wenn es durch Krankheit, Urlaub u. ä. Engpässe beim Personal gibt.
Wie du siehst, möchte dich das Gesetz nicht „Überstunden-hechelnd“ sehen.
Sicher ist es jedoch wenig klug, sofort den Stift zu schmeißen, wenn der Minutenzeiger den Feierabend einläutet. Ab und an fünf oder zehn Minuten länger das Dasein im Büro zu fristen, ist sicherlich kein Weltuntergang und wirft ein gutes Licht auf dich.
Pauschale Abgeltung von Überstunden
Sicher hast du schon einmal von der pauschalen Überstundenabgeltung in Arbeitsverträgen gehört.
Diese ist ohnehin umstritten und wird von unzufriedenen Arbeitnehmern immer wieder angefochten.
Für Azubis gelten jegliche Klauseln im Arbeitsvertrag bezüglich einer Überstundenregelung als nichtig.
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Welche Höchstarbeitsgrenze gilt überhaupt für Azubis?
In Deutschland ist eine regelmäßige Wochenarbeiszeit von 40 Stunden für Azubis (gleicher Wert wie für Arbeitnehmer) geltend (§8 (1) JArbSchG).
Sie dürfen an einzelnen Tagen auch bis zu 8,5 Stunden arbeiten. Dafür muss es aber einen Ausgleich an einem anderen Tag der Woche geben.
Nachweis von Überstunden
Egal, wie ihr in deinem Unternehmen Überstunden vermerkt – für Azubis gelten strenge Aufzeichnungspflichten dieser!
Eigentlich ist dein Arbeitgeber sowieso durch die Zeiterfassung im Arbeitsgesetz dazu verpflichtet, deine Überstunden zu notieren/ in euer System einzupflegen.
Tut er dies aus welchem Grund auch immer nicht, musst du dem selbst nachkommen: Auch ein handschriftlich beschriebenes Notizblatt gilt im Zweifelsfall als Beweisstück.
Vergütung von Überstunden
Falls es wirklich zu Überstunden für dich kommen sollte, hast du ein Recht auf Ausgleich dieser.
In den Fällen, in denen ein Auszubildender einvernehmlich Überstunden leistet, ist es ratsam, dies vertraglich mit dem Chef festzuhalten.
Und was gilt bzgl. der Überstundenvergütung als angemessen?
Die Handwerkskammer Düsseldorf beispielsweise, nennt als Richtwert ein Hundertstel der Ausbildungsvergütung pro Stunde.
Egal, ob durch „Abfeiern“ oder Vergütung – es muss mittels eines dieser beiden Formen honoriert werden, dass du mehr „schuftest“, als arbeitsvertraglich vereinbart.
Hierzu gibt es genaue Anweisungen:
Ausgleich durch Freizeit
Dies ist die geläufigste Methode zur Überstundenabgeltung. Pro Überstunde erhältst du eine Stunde Urlaub, plus Zeitzuschlag (Erläuterung dieses Zuschlags in eigenem Abschnitt).
Lohnausgleich
Für jede geleistete Überstunde bekommst du die Vergütung für eine normale Arbeitsstunde. Diese errechnest du, indem du dein Azubi-Gehalt durch 30 teilst; dieses Ergebnis dann durch die tägliche Arbeitszeit (z.B. 8h); jetzt addierst du noch den Zuschlag.
Wenn schon, denn schon: Überstundenzuschlag
Falls dem nun so ist und du als emsiger Azubi Überstunden leistest, dann bitte auch mit „Benefit“. Dafür ist der Überstundenzuschlag gedacht.
Die Höhe dieses Zuschlags gibt entweder der Tarifvertrag, an den dein Arbeitgeber gebunden ist, vor.
Oder aber, es wird sich an einem solchen zumindest orientiert.
Wichtig zu wissen ist, dass du zwar ein Recht auf die Bezahlung von Überstunden hast, es jedoch schriftlich mit deinem Chef vereinbaren sollest.
Leistest du ansonsten freiwillig Überstunden, ist es seitens deines Arbeitgebers legitim, dir diese per Urlaubsabgeltung anzurechnen.
Ein paar Zahlen und Fakten:
- 41% der Azubis leisten regelmäßig Überstunden (Quelle: Verdi)
- bei Statista geben 38,9 % der Azubis im Jahr 2015 an, regelmäßig Überstunden zu machen
- laut DGB bekommt jeder 6. Auszubildende keinen Ausgleich für geleistete Überstunden
Da gibt es noch einiges zu tun, wie du siehst.
Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels, die ja aus einem vorherigen Mangel an Azubis in bestimmten Bereichen entstehen, sollten motivierende Anreize von Ausbildungsbetrieben geschaffen werden.
Die Abbruchquoten sind laut Untersuchungen im Gastronomiegewerbe und auch im Lebensmitteleinzelhandel am höchsten.
Das sind gerade die Branchen, in denen von Azubis am meisten moniert wird, Überstunden in großen Mengen leisten zu müssen.
Dahingehend muss definitiv ein Umdenken der Ausbildenden stattfinden.
Wem nützen schon Azubis, die bereits jetzt knapp vor einem Burnout stehen…
Was tun, wenn Überstunden Überhand nehmen?
Auf jeden Fall solltest du zuerst das Gespräch mit deinem Vorgesetzten oder deinem Ausbilder suchen.
Das erfordert eine gewisse Portion Mut, doch wäre das gleichzeitig der erste Schritt aus deiner Misere.
Sollte sich dein Chef absolut nicht einsichtig zeigen, wende dich an einen Betriebsrat oder die Ausbildungsvertretung.
Sollte es keins von beiden in deinem Unternehmen geben, kannst du dich auch an die für deine Ausbildung zutreffende Kammer wenden (IHK, Steuerkammer, Handwerkskammer etc.).
Dort gibt es spezielle Ausbildungsberater, die für solche Fälle verantwortlich sind. Diese stehen in den meisten Fällen voll und ganz hinter dir als Azubi.
Überstunden in Ausnahmefällen sind also in Ordnung. Doch sollte es zur Regel werden, dass du die eigentliche Arbeitszeit kräftig überziehst, gehe dagegen an.
Es ist dein gutes Recht!
Hast du derzeit mit Überstunden zu kämpfen? Wenn ja, wie gehst du damit um Hast du vor, das Gespräch mit deinem Ausbilder zu suchen?
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1 Comment
Hallo, ich arbeite als Kochazubine. Im Januar habe ich endlich meine abschlussPrüfung doch habe ich noch 400 Überstunden. Ja 400. Eigentlich muss ich bis zur Prüfung also nicht mehr arbeiten. Ich würde sie aber gerne zumindest im teil ausbezahlen lassen. Aber doch bitte nicht für 3,2€ die Stunde. Gibt es da Regelungen oder wie kann ich meinen Betrieb dazu bringen mir mehr zu bezahlen? Ein mitschüler bekommt zb die überstunden mit Mindestlohn bezahlt