Ich habe vor Kurzem meine Umschulung zum Steuerfachangestellten erfolgreich bestanden und habe mir gedacht, dass meine Erfahrungen auch für dich interessant sein könnten:
Trotz Fachabitur, welches ich 2003 gemacht habe und Studium „Europäischer Studiengang Wirtschaft und Verwaltung“ aus 2006, von dem ich 6 Semester absolviert habe, habe ich irgendwie nie die richtige Berufung für mich gefunden.
Es war Anfang 2012, als mein befristeter Arbeitsvertrag bei einem großen Digitaldruckanbieter auslief und ich mir überlegen musste, was ich jetzt mache.
Es stand der Gang zum Arbeitsamt an und ich wollte mich nach einer Fortbildung erkundigen, wurde aber schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Mir wurde gesagt, dass ich einen „Bildungsgutschein“ nur für sogenannte „Mangelberufe“ bekommen kann.
Ich hatte nun also die Wahl:
Die Liste war lang und schnell wurde mir klar, was ein Beruf, zu einem „Mangelberuf“ werden lässt. Schlechte Arbeitszeiten, Unterbezahlung, Familienunfreundlichkeit usw.
Doch dann entdeckte ich ziemlich weit unten auf der Liste einen Beruf, der für mich recht spannend klang…
…Steuerfachangestellter – die Entscheidung war gefallen!
Als ich zu Hause davon erzählte, eine Umschulung zum Steuerfachangestellten zu machen, war meine Freundin wenig begeistert davon. Ihr Opa war Steuerberater und sie sagte zu mir:
„Oma sagt immer: Kind, die Steuerfachleute haben es nicht so mit Romantik, aber dafür können Sie gut mit Zahlen“.
Eigentlich sah meine Freundin recht glücklich aus – sollte sich das jetzt ändern?
Natürlich nicht 🙂
Ich suchte mir also einen Bildungsträger, der eine Umschulung zum Steuerfachangestellten im Programm hatte. Meine Wahl fiel auf einen Träger in Bremen. Die Anmeldung war unkompliziert und ging auf dem Postweg vonstatten.
Am 01.08.2012 war es dann soweit, die Umschulung hatte begonnen. Ich erinnere mich noch genau an meinen ersten Tag Steuerlehre – es begann mit Umsatzsteuer.
Der Lehrer kam rein, schlug eine Seite im Steuergesetz auf und dann fragte er Folgendes
„Was sind Steuern?“
Heute kennen wir alle die Definition, aber damals hab ich gedacht, was hast du dir da nur ausgesucht, ob du da die richtige Wahl getroffen hast?!
Die Ausbildung war wirklich schwer. Rechnungswesen, Steuerlehre, WiSo und dann so ein paar Fächer, von denen ich heute nicht mal weiß, wozu die eigentlich gut waren.
Leider läuft eine Umschulung zum Steuerfachangestellten nicht genauso ab, wie eine Ausbildung im eigentlichen Sinne. Statt der normalen 3 Jahre, soll die Umschulung den Stoff in nur 2 Jahren vermitteln. Für Umschüler bedeutet das lernen, lernen und nochmals lernen.
Den theoretischen Teil soll der Bildungsträger vermitteln und den praktischen Teil, soll man während der zwei Praktika (8 und 4 Monate) erlernen.
Leider musste ich feststellen, dass meine Wahl des Bildungsträgers nicht die richtige war. Das lag nicht an den Lehrern, die waren super. Was eine Katastrophe war, war die Organisation des Bildungsträgers. Oft hatten wir Lehrermangel oder gar keinen Unterricht. Als wir uns massiv beschwerten, wurden dann Aushilfslehrer eingestellt, die aber selber nicht wirklich wussten, was sie da machen.
Es war schlichtweg eine Katastrophe!
Eine Umschülerin brach bereits nach kurzer Zeit ab, der Rest machte irgendwie weiter. Zum Glück hatten wir Lehrer, die sich zwar mit dem Bildungsträger nicht einig waren, aber uns mochten und uns nicht hängen lassen wollten.
So trafen wir uns SONNTAGS mit unserem Lehrer, um für unsere Zwischenprüfung zu lernen.
In Bremen haben es die Prüflinge da etwas leichter, weil die Zwischenprüfungen nur aus Multiple-Choice-Fragen bestehen. Zudem muss man an der Zwischenprüfung ja nur teilgenommen haben und man hat nicht den Druck, bestehen zu müssen.
Man sollte das aber natürlich trotzdem nicht auf die leichte Schulter nehmen und auch seinen eigenen Ehrgeiz beweisen.
Meine Zwischenprüfung fiel auch ganz gut aus, ich war also zufrieden.
[sam id=“3″ codes=“true“]
Die Praktikumssuche hatte begonnen. Bis hierhin hatte eigentlich keiner von uns, irgendwas mit einem Steuerberater zu tun. Schnell merkte ich, dass es sich doch um einen sehr konservativen Beruf handelt.
Ich schrieb viele Bewerbungen und bekam ebenso viele Absagen zurück. Ich war wirklich sehr verwundert, denn immerhin waren meine eingereichten Arbeitszeugnisse alle sehr gut.
Doch dann kam er, der Anruf aus einem Steuerbüro in der Nähe von Bremen, ob ich mich mal vorstellen könnte. Als es dann soweit war, war ich echt nervös. Die Kanzlei sah von außen recht unscheinbar aus. Nur ein kleines Schild, machte kenntlich, dass es sich um ein Steuerbüro handelte.
Ich klingelte und wurde sehr freundlich empfangen. Nach kurzer Zeit durfte ich zum Steuerberater durch. Der war so ganz anders, als ich ihn erwartet hatte. Sehr sympathisch, lustig, freundlich, offen… wie ich heute sagen würde „locker“.
Man, war ich glücklich! Jetzt nur nichts vermasseln, dachte ich mir.
Das Gespräch ging ca. 1 Stunde und er fragte mich wieso, weshalb und warum ich Steuerfachangestellter werden will. Hier kann ich euch nur empfehlen: Bleibt ehrlich und seid einfach ihr selbst.
Es klappte und ich bekam meinen Vertrag fürs Praktikum, oder besser gesagt sogar für beide Praktika.
Von nun an war ich an 4 Tagen die Woche im Steuerbüro und ich kann euch sagen, es war ein tolles Büro. Alle super freundlich und hilfsbereit. Ich konnte jeden fragen und es wurde sich Zeit genommen, mir alles zu erklären. In diesem Büro durfte man als Praktikant also nicht nur Hilfstätigkeiten ausüben, sondern wirklich eigenverantwortlich arbeiten.
Endlich kehrte die Lust an der Ausbildung zurück. Es machte wieder Spaß und ich merkte jeden Tag mehr, wie sehr mir diese Berufswahl gefällt.
Natürlich waren die Anforderungen hoch und so mache Steuererklärung habe ich gefühlte 100 mal neu ausdrucken müssen, bevor sie mein Chef absegnete, aber heute bereue ich es nicht eine einzige Sekunde, dass ich mich für diese Kanzlei und für diese Ausbildung entschieden habe.
Da waren Sie auch schon um, die zwei Jahre. Ich guckte nicht schlecht, als die Einladung zur schriftlichen Prüfung im Briefkasten lag.
Echt, dachte ich? Jetzt schon? Du hast doch noch so viel was du lernen musst!
Ich war mir ziemlich sicher, dass das was ich kann, nicht reichen würde. Ich war zwar fit in Einkommen- und Umsatzsteuer, aber Rechnungswesen war ehrlich gesagt nicht so meins.
Hilft ja nix, da musst du jetzt durch, dachte ich mir. Die Lernphase hatte begonnen und die Zeit rannte und rannte.
Ich entschied mich einen Prüfungsvorbereitungskurs beim Steuerberaterverband zu machen, was ich auch wirklich jedem empfehlen würde.
Hier wurde alles nochmal vermittelt und genau auf die Prüfung ausgerichtet.
Die schriftliche Prüfung in Bremerhaven stand vor der Tür. Da wir alle von etwas weiter weg kamen, entschieden wir uns dazu, im Hotel zu bleiben.
Wir frühstückten noch zusammen im Hotel und gingen dann ins Gebäude, in dem die Prüfung stattfand. Eigentlich fühlte es sich an, wie eine ganz normale Klausur. Am Ende hatte ich ein recht gutes Gefühl.
So ging es nicht nur mir, sondern vielen. Man konnte in viele entspannte Gesichter gucken.
Irgendwann kippt aber jedes gute Gefühl und die Sorge, dass man es doch nicht geschafft hat, überkommt einen… so war es auch bei mir.
Die Zeit verging nicht und es kam und kam nix. Jeden Tag ging ich mehrmals zum Briefkasten, aber nie war was drin.
Ich konnte es nicht mehr aushalten und rief bei der Kammer an und fragte nach.
Dann der Schock!
Es gab ein Problem bei der Rechnungswesen-Klausur in Bremen und der Prüfungsausschuss müsse darüber beraten, ob die Klausur noch einmal geschrieben werden müsse und ob das dann nur für Bremen oder auch für Bremerhaven gelte.
Ich wusste ehrlich gesagt nicht, ob sie das jetzt ernste meinte oder nicht?!
Aber es war ihr voller Ernst. Zwei Tage später bekamen alle Schulen einen Brief, dass in der Rechnungswesen-Klausur in Bremen „unzulässige Hinweise“ in den Büchern der Prüflinge waren und es wurde noch einmal deutlich auf die zugelassenen Hilfsmitte hingewiesen.
Was war passiert?
So genau kann ich das ehrlich gesagt nicht sagen. Es ging wohl um eine Art Eselsbrücke die durch eine Zeichnung festgehalten wurde. Der Aufsichtsführende bei der Rechnungswesen-Klausur hatte daraufhin ALLE Bücher der Prüflinge eingesammelt – auch die, bei denen nichts drin stand!
Uns blieb nichts übrig, als zu warten, bis endlich nach einer weiteren Woche, die erlösende Einladung zur mündlichen Prüfung kam und ich wusste, dass ich es geschafft hatte!
Hier war ich komischerweise richtig nervös. Wieso weiß ich nicht so ganz, aber es war viel schlimmer, als bei der schriftlichen Prüfung.
Ich wurde reingerufen und durfte zwei Umschläge ziehen. Von den zwei gezogenen Themen sollte ich mir eines für den Vortrag aussuchen. Ich zog „Rechnungswesen“ und „Abgabenordnung“ und entschied mich für die AO.
Es ging um Fristen und Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand. Der Vortrag war ok und damit war auch die Nervosität weg.
Als nächstes war die „Gruppenbefragung“ dran. Wir betraten zu dritt den Raum. Ich wurde als erstes gefragt. Das Thema war WiSo (Wirtschafts- und Sozialkunde) und ich hatte einen perfekten Lauf. Es ging um Arbeitsrecht und Verträge, ich konnte die meisten Fragen schon beantworten, bevor sie gestellt wurden.
Danach kam Einkommensteuer und Abgabenordnung dran, auch das lief ganz gut.
Klasse, dachte ich, bis die Gewerbesteuer dran kam. Total Ausfall, ich kam überhaupt nicht ins Thema rein. Als meine Antworten meinen Mund verließen, wusste ich schon „das war nix“.
Bei den anderen Prüflingen, war es aber genauso.
Wir mussten kurz raus, damit sich der Ausschuss beraten kann. Nach ca. 30 Minuten wurden wir alle reingerufen. Es war soweit, die Ergebnisse wurden bekannt gegeben. Mir viel ein Stein vom Herzen, als man mir sagte „Herzlichen Glückwunsch, zur bestandenen Prüfung“.
Diese Frage stellen sich wohl viele von uns. Für mich war schnell klar, dass ich nicht nur Steuerfachangestellter bleiben wollte.
Ich entschied mich dazu, mich weiterzubilden und begann im Anschluss eine Fortbildung zur „Fachkraft Personal“ und „Rechnungswesen international (IHK)“. Beides läuft noch und ich werde natürlich auf dem Laufenden halten.
Bis dahin,
Euer Mario
5 Comments
hallo,
schon in der Schulzeit war Mathematik mein Lieblingsfach, deshalb ging ich auch in die außerschulische AG, wo wir extra gefördert wurden. Das war einfach meine Liebe zu Zahlen und für mich war klar, dass ich auch in dieser Richtung was lernen werde. Das machte ich , leider kam 1989 die Wende und ich ging einen völlig anderen Weg. Jetzt bin ich in einer ungekündigten Stellung total unglücklich und keine Institution fühlt sich verantwortlich, wenn ich nach einer Umschulung und damit verbundener finanziellen Hilfe frage.
Kann mir evtl. jemand helfen? Evtl.Tipps geben, wie ich doch noch zu einer Weiterbildung komme ohne das Arbeitsamt zu beknien? Durch meine bereits 45 Jahre falle ich bei den bekanntesten Fördermitteln schon raus.
Hallo, ich weiß nicht ob sich bei Dir schon was ergeben hat, ich werde jetzt 44 und mir ging es durch die Wende fast genauso, hing bis dato in einem Beruf fest, der nicht mein Ziel war. Nun habe ich Anfang diesen Jahres eine reha beantragt und so kam alles ins Rollen. Ich fange mit einem Antrag auf Teilhaber zum Arbeitsleben jetzt im Januar 2017 endlich eine Umschulung an über die Rentenkasse
Was hast du denn gelernt? Wäre es nicht vielleicht möglich ohne Umschulung in dem Bereich anzufangen und dann eher Seminare usw. zu besuchen? Wir haben auch eine Sekretärin die aber gerade die Weiterbildung zur Bilanzbuchhalterin nebenher macht und später mal in die Buchhaltung will. Wenn du schon im kaufmännischen Bereich bist kannst du das auch ohne Umschulung machen, man braucht nur die Berufserfahrung beim Steuerberater.
Nein ich habe 1987 -1989 die kaufmännische Ausbildung gemacht,bin dann durch die Wende in die Produktion gegangen. Ich gehe 40 Stunden die Woche arbeiten und dann bin ich mit meiner kleinen Tochter beschäftigt. Wollte eigentlich kürzer gehen,aber das genehmigt mir die Firma nicht.
Nebenher noch was machen? habe ich schon einen Lehrgang im Einkommensteuerwesen, dann Buchhaltung am PC und solche Lehrgänge, die mit Zertifikat abschließen und keiner anerkennt. Arbeitslos war ich nie
Sehr geehrte Manuela,
es ist traurig zu lesen, dass Sie z.Zt. mit ihrer Arbeit unglücklich sind.
Welche Ausbildung (en) haben Sie denn offiziell mit Schein abgeschlossen, auf die man eine Aufstiegsfortbildung (mit Schein) draufsetzen kann? Nach dem bisher geschriebenen, denke ich momentan an den Bilanzbuchhalter. Sie sollten neben der Freude am Rechnen auch etwas Freude an Gesetzen mitbringen (was Sie mit ESt ja schon angedeutet haben). Auch die xy-Wirte sind denkbar.
Mit freundlichem Gruß