Tatenfreudig hatte ich eine To-Do-Liste vor mir liegen. Wie immer, denn ich bin ein organisierter Mensch.
Doch so einfach war es leider nicht.
Zunächst fiel es mir sehr leicht, die ersten Punkte abzuarbeiten. Ich benötigte in etwa zwei Abende, an welchen ich mir nichts anderes vorgenommen hatte, um alle Stellenanzeigen durchzusehen. Die Bewerbungen waren schnell raus. Die meisten Steuerberater akzeptierten meine Bewerbungen per E-Mail und so sandte ich diese auch an sie. Ich fühlte mich ein bisschen, als würde ich eine Massenanfertigung erstellen, obwohl ich nach nur zwölf oder dreizehn Bewerbungen folgendes feststellen musste:
Also habe ich mich um die nächsten beiden Punkte meiner Liste gekümmert. Es ist wirklich wichtig, zu wissen, dass man sich auch bei solchen Problemen wie einer gekündigten Ausbildungsstelle an die Familie wenden kann und auch bei steuerazubi.de immer ein offenes Ohr im Forum oder hilfreiche Beiträge im Magazin finden kann.
Und so war ich auch dankbar dafür, dass ich meiner Mutter alles „gestehen“ und ihr meine Sorgen mitteilen konnte, denn irgendwo ist man als Auszubildender immer noch „Kind“.
Wurde das Ausbildungsverhältnis durch eine Kündigung gelöst, musst du zum Arbeitsamt!. Das habe ich einerseits durch das Kündigungsschreiben der alten Ausbildungskanzlei gelernt und andererseits wurde es mir am Telefon gesagt.
Zunächst rief ich bei der Agentur für Arbeit an, um zu melden, dass ich durch die nicht mehr stattfindende Ausbildung zeitweise keinen Anspruch mehr auf BAB habe. Doch um sich arbeitslos zu melden, kommt man nicht drum herum, persönlich (mit dem Personalausweis bewaffnet!) zum Arbeitsamt zu fahren.
Und das tat ich. Einige Tage vergingen und ich erwartete Rückmeldungen in meinem Posteingang.
Das Ergebnis nach 12 Bewerbungen und 5 Tagen waren vier Absagen, eine Einladung zum Vorstellungsgespräch und sieben mal nichts.
Also ergänzte ich meine Liste:
Um Initiativbewerbungen schreiben zu können, sollte man in den Kanzleien anrufen, um zu fragen, ob ein Auszubildender überhaupt in Frage käme.
Manche Steuerberater sind sich nicht sicher, ob sie ausbilden wollen oder einen neuen Mitarbeiter brauchen und vielleicht kommt dann genau mein Telefonanruf so gelegen, dass die Entscheidung gefallen ist und die Leute aus der Kanzlei mich mit Handkuss begrüßen.
Ich rief Steuerberater in einem Umkreis von fünf Kilometern (anschließend erweiterte ich meinen Radius auf zehn, fünfzehn und zuletzt zwanzig Kilometer, und das, obwohl ich in einer Großstadt „mittendrin“ wohne) an und wurde immer wieder ernüchtert.
So war es nicht. Das Ergebnis der Initiativbewerbungen, Telefonate und so weiter: eine fast-Einladung zum Vorstellungsgespräch, 18 Absagen.
Nachdem einige Tage vergingen, bekam ich auch das Ergebnis aus dem Vorstellungsgespräch, zu dem ich nach Schritt 1 bereits eingeladen wurde: Ich sei beeindruckend und bestimmt ein toller Azubi und man hätte mich doch gerne genommen, aber ganz plötzlich kann aus betrieblichen Gründen nicht mehr ausgebildet werden. Schade.
Ein Tag später wurde auch die Fast-Einladung zum Vorstellungsgespräch zurückgenommen. Die Punkte Nr. 1 – 5 haben mich nicht wirklich weitergebracht, also
Also fügte ich der To-Do-Liste die Punkte 6 und 7 hinzu:
Ich mache es kurz: Die Stelle, die mein Klassenlehrer für mich hatte, klang zunächst gut, weil eine Azubine aus einer seiner anderen Berufsschulklassen genau dort vor einer Woche aufgehört hat. Aber „mangels Vakanzen“ konnte ich es doch wieder vergessen.
In aller Verzweiflung bewarb ich mich außerhalb meiner Stadt und riskierte eine Fahrtzeit von mehr als mir lieb war. Da war es wieder, was ich in der bisherigen Ausbildung gelernt habe: Ich fühlte mich nicht gut genug für eine Ausbildung, die alle meine Mitschüler aus der Berufsschulklasse nun schon seit zwei Monaten (bisher mit Erfolg) absolvieren. Ich fühlte mich ein wenig wie ein Außenseiter, als würde ich weniger Humankapital haben oder – ach, was schreibe ich denn. Ich hatte furchtbare Bedenken, die nicht rational waren und mich auch nicht weiterbrachten. Also ergänzte ich meine Liste.
Etwas verzweifelt entstanden die Punkte 8 und 9 auf meiner Liste:
Und das kann ich jedem Steuerazubi empfehlen. Ergreift Eigeninitiative.
Wenn jemand für 2016 einen Azubi sucht, kann man doch nachfragen, ob man 2015 als Azubi dort anfangen kann?
Klar, würden alle Stricke reißen und ich würde nun wirklich gar nichts finden, wäre ich sicherlich auch mit einer Ausbildung im nächsten Jahr einverstanden gewesen. Aber in meinem Fall lag es an einem vorangegangenen, abgebrochenen Studium und daraus resultierend meinem Alter und meiner Wohnung, die bezahlt werden musste, dass ich so schnell wie möglich zurück in meine Ausbildung wollte. Ich möchte nicht mehr warten.
Außerdem habe ich in der lokalen Zeitung ein Stellengesuch aufgegeben. In knappen Worten habe ich meine Situation geschildert und wurde kurz darauf auch angerufen.
Ich konnte es kaum glauben – Steuerberater bewarben sich bei mir. Und letzten Endes kam es dann, wie es kommen musste.
Mein Endresultat: zwei Monate arbeitslos, 25 Bewerbungen, 18 telefonische Anfragen, 4 Vorstellungsgespräche und gleich zwei Zusagen,
Der Stress scheint sich gelohnt zu haben. Nun musste ich mich nur noch für einen der beiden Betriebe entscheiden und schon konnte ich endlich wieder sagen:
Ich bin ein Steuerazubi!