In diesem Artikel schlage ich dir einige Dinge zum guten (und gerechten) Zeitvertreib in der Kanzlei vor, wenn du Langeweile im Job haben solltest und deine Zeit sinnvoll nutzen möchtest.
Die Buchführung ist gemacht, womöglich sogar schon zum zweiten Mal kontrolliert, die Kaffeemaschine kann noch nicht geputzt werden, alle weiteren Azubi-Aufgaben sind erledigt und schon befindet man sich in einer leider häufig vorkommenden Situation:
Man hat während der Ausbildungszeit nichts zu tun und Langeweile im Job!
Laut Berufsbildungsgesetz, genauer laut §14 BBiG, haben Ausbildende die Ausbildung planmäßig, zeitlich und sachlich gegliedert so durchzuführen, dass das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Ausbildungszeit erreicht werden kann.
Wenn ein Azubi jeden Tag von acht Stunden vertragsmäßiger Arbeit einen gewissen Teil mit Nichtstun verbringt, wird §14 BBiG von Seiten des Ausbilders nicht erfüllt.
Die vertraglich geregelte Ausbildungszeit gilt nicht nur für dich als Azubi!
Auch der Ausbilder hat diese Arbeitszeit zu erfüllen und darf den gesetzlichen Urlaub oder die Ausbildungsvergütung nicht wegen Unterbeschäftigung während der Ausbildungszeit kürzen.
Es handelt sich übrigens nicht einmal um Arbeits-, sondern um Ausbildungszeit, und ein Ausbildungsvertrag ist kein Arbeitsvertrag.
Es sei denn, es fällt wirklich ein Großteil der Arbeit weg und man kann von einem Ausfall der Ausbildung sprechen. Gemäß §19 Abs. 1 Nr. 2a BBiG ist Auszubildenden zumindest die Vergütung fortzuzahlen, wenn der Azubi sich für die Ausbildung bereithält, diese aber ausfällt.
Grundsätzlich hilft in solchen Fällen nur, mehr gefordert und ausgebildet zu werden, um der Langeweile im Job entgegenzuwirken.
Mein Tipp an dieser Stelle:
Sprich mit deinem Ausbilder über eine Ausbildungsverkürzung!
Dafür kann der Vertrag angepasst werden oder ein Vorziehen der Abschlussprüfung in Betracht gezogen werden und dir werden mehr Inhalte in kürzerer Zeit vermittelt.
So wirst du automatisch mehr zu tun haben und das war’s dann mit der Langeweile im Job!
Grundsätzlich gibt es allerdings keinen Paragraphen, der genau diese Situation regelt und besagt, dass eine Auszubildende ohne Aufgaben nach Hause gehen darf. Im Gegenteil: § 13 BBiG schreibt vor, dass Auszubildende sich zu bemühen haben, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist.
Das heißt mit anderen Worten, dass du etwas Sinnvolles, Ausbildungsförderndes machen sollst, wenn du während der Ausbildungszeit nichts zu tun hast.
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Wenn du es nicht ohnehin schon tust, kann das Schreiben von Checklisten ein sehr sinnvoller Zeitvertreib sein.
Beispielsweise für deinen Tagesablauf am Morgen, kurz vor Feierabend oder für wiederkehrende Arbeiten wie Buchführungen, Jahresabschlüsse oder Steuererklärungen.
Oder denke möglicherweise an deine Zeit in der Kanzlei, als du ganz neu warst.
Was würdest du den Azubis, die im nächsten Jahr im ersten Lehrjahr sind, für Anleitungen oder Checklisten überlassen wollen, damit sie es an bestimmten Stellen nicht so schwer haben?
Eine Fehlersuche in deiner bisherigen Arbeit kann auch enorm hilfreich sein, um Zeit sinnvoll zu nutzen!
Schlage doch die Ordner deiner letzten Mandanten auf und schaue dir die Buchungen an, die du getätigt hast. Vielleicht erinnerst du dich an Fehler, die dir ab und zu unterlaufen sind und kannst für dich zusammenfassen, worauf du in Zukunft achten möchtest.
Ansonsten funktioniert eines immer hervorragend: Lesen! Ob für die Berufsschule, Newsletter, die die Kanzlei erreichen, oder im Gesetz.
Wenn du weißt, dass es vorkommen kann, dass du nichts zu tun haben wirst, packe dir gleich schon am Morgen vor der Arbeit ein Schulbuch ein, damit du Übungen für den Schulunterricht machen kannst.
So wandelst du Langeweile im Job in gute Noten um 😉
Kleiner Tipp:
Auch Hausaufgaben müssen gemacht werden, helfen dir und sind definitiv etwas Sinnvolles und Ausbildungsförderndes.
Wenn du nicht wusstest, dass du am Nachmittag womöglich keine Beschäftigung mehr am Schreibtisch haben wirst, schaue dich in der Kanzlei um. Irgendwo müssen Gesetzbücher stehen – notfalls findest du sie im Internet.
So kannst du für deine Schulfächer in der Berufsschule und für die Arbeit gesetzliche Grundlagen aufarbeiten.
Aber Vorsicht!
Bevor du dir Beschäftigungen suchst, weil du nichts zu tun hast, solltest du immer die folgende Liste durchgehen, um zu wissen, ob du wirklich nichts zu tun hast:
Last but not least lautet mein allgemeingültiger Tipp:
Lass dich nicht stressen, vor allem nicht von dir selbst!
Wir Azubis sind in der Regel junge Leute, die anfangs noch nicht viel von ihrem späteren Beruf können. Das ist auch den Kollegen und dem Ausbilder bekannt.
Wenn du dich in der Berufsschule umhörst, dann wirst du mitbekommen, dass es bestimmt auch einigen deiner Mitschüler in deiner Berufsschulklasse genau so geht.
Du wirst nicht für Buchungssätze pro Minute oder fertig bearbeitete Mandantenaufträge bezahlt, sondern für Zeit – für deine Ausbildungszeit!
Also nimm‘ dir die Zeit zum Lernen und mache etwas Sinnvolles. Du brauchst keine Panikattacken bekommen oder sofort mit Gesetzen und Verträgen winken, sollten sich ab und zu Zeiten der Langeweile im Job einstellen.
Wenn du diese Tipps beherzigst, geht der Tag schnell rum und du kannst ohne schlechtes Gefühl oder Gewissen nach Hause gehen.
Schreib mir doch einen Kommentar unter diesen Artikel. ich freue mich auf deinen Vorschlag!
4 Comments
Hallo zusammen,
schöner Artikel, bin großer „Fan“ von steuerazubi.de. Zum Thema „Langeweile im Job/in der Ausbildung“ kann ich zum Glück nicht viel sagen, da ich immer genug zu tun habe, dass keine Langeweile aufkommt.
Allerdings habe ich aus eigener Erfahrung eine Anmerkung zur Verkürzung der Ausbildung zu machen. Habe im Herbst 2014 mit der dreijährigen Ausbildung angefangen und dann schnell gemerkt, dass ich das Ganze doch lieber in nur zwei Jahren durchziehen möchte. Im Einvernehmen mit Chef und Schule wendete ich mich also an die Steuerberaterkammer und der Bitte meinen Vertrag diesbezüglich zu ändern. Um nichts zu verpassen wechselte ich auch direkt die Klasse in die Mittelstufe und dann kam die Antwort der Kammer: Eine nachträgliche Vertragsänderung von der drei- zur zweijährigen Ausbildung sei nicht möglich! Die einzige Möglichkeit wäre, die Vorzeitige Zulassung zur Prüfung zu beantragen, wofür allerdings ein Schnitt von 2,0 in den prüfungsrelevanten Fächern gefordert ist. Sollte alles glatt gehen darf ich jetzt im April die Abschlussprüfung mitschreiben und mit Bestehen der mündlichen Prüfung im Juni hätte ich dann die Ausbildung nach zwei Jahren abgeschlossen.
Also: nachträgliche Vertragsänderung ist nicht immer ohne Weiteres möglich. Hängt wohl unteranderem vom Bundesland und der zuständigen Steuerberaterkammer ab. Grundsätzlich gilt aber: Wo ein Wille, da ein Weg! 😉
Danke für diesen Hinweis (und für die Blumen), Fred!
Ich muss gestehen, dass meine Quelle an genau dieser Stelle Melchior höchstpersönlich war, denn bei ihm lief es mit nachträglicher Vertragsänderung usw. ab. Ich denke, die ganze Sache ist so individuell wie jeder Azubi selbst und darf nicht pauschalisiert gesagt werden.
Zum Glück ist das auch nur eine kurze Passage und animiert den Leser, nachzufragen. 🙂
Das Ganze ist wohl wirklich einheitlich uneinheitlich 😀
So ganz problemlos lief es bei mir mit der Vertragsänderung auch nicht ab, aber es war möglich. Dass das ganze Thema nur relevant ist, wenn die Leistungen in Berufsschule und Kanzlei gut genug sind, ist ja klar.
Aber man kann sich ja darum kümmern und dann findet man meist einen Weg.
Toller Artikel. Vielen dank für die Informationen. Der Artikel ist sehr hilfreich.
Gruß Anna