Lehrjahre sind keine Herrenjahre. Diesen Spruch hast du bestimmt auch schon das ein oder andere Mal gehört. Er bedeutet nichts anderes, als dass Lehrlinge und Auszubildende in der Ausbildung häufig niedere Arbeiten erledigen und hart arbeiten müssen.
Natürlich sieht die Ausbildung zum Steuerfachangestellten inzwischen anders aus, als eine Handwerkslehre vor 250 Jahren.
Darüber hinaus ist die Ausbildung in jeder Kanzlei etwas anders und sehr viele Kanzleien sind sehr um ihre Auszubildenden bemüht und wollen, dass sie Auszubildenden auch wirklich ihren Beruf erlernen.
Aber trotzdem gibt es ganz bestimmte Azubi-Aufgaben, die wohl jeder Auszubildende am Anfang machen muss. Das sind insbesondere Arbeiten, die man ohne lange Einarbeitungszeit und ohne tiefe Fachkenntnis erledigen kann. Gegen solche Aufgaben ist grundsätzlich gar nichts einzuwenden, wenn der Auszubildende nicht ausschließlich für solche Aufgaben eingesetzt wird.
Da mich sehr interessiert hat, welche Aufgabe denn die typischste Azubi-Aufgabe für Steuerfachangestellte ist, habe ich eine Umfrage auf dieser Seite durchgeführt. Herausgekommen ist ein Ranking von den Top 9 Azubi-Aufgaben für Steuerfachangestellte.
Sie zeigen, dass der Spruch „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ zwar im bestimmten Maße stimmt, aber die Lehrjahre auch keine Sklavenjahre sind.
Die häufigste Azubiaufgabe ist das Kopieren. In einem Steuerbüro muss ständig und alles kopiert werden. Seien es Unterlagen für eine Steuererklärung, Jahresabschlüsse, Verträge oder Mandantenschreiben.
Eigentlich gibt es immer etwas zu kopieren und Azubis werden gerne dafür eingesetzt.
Ein Jahresabschluss besteht im Wesentlichen aus der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung und dem Anhang.
Wenn ein Steuerbüro für einen Mandanten einen Jahresabschluss erstellt, bekommt der Mandant in der Regel mehrere Ausführungen dieses Jahresabschlusses, der gebunden werden muss. Diese Jahresabschlüsse werden dann vom Mandanten an Banken, Gesellschafter oder an das Finanzamt weitergegeben.
Das Archiv war mein persönlicher „Spielplatz“ in der Ausbildung.
Die meisten steuerlichen Unterlagen müssen 10 Jahre lang aufbewahrt werden, bevor sie vernichtet werden dürfen. In einem Steuerbüro mit vielen Mandanten bedeutet das natürlich, dass viele Jahresabschlüsse, Einkommensteuererklärungen und Arbeitsunterlagen archiviert werden müssen.
Sie müssen also ordentlich verpackt und so verstaut werden, dass man sie auch noch nach mehreren Jahren finden kann.
Ich persönlich verstehe nicht ganz, warum so viele Auszubildende das Telefon der Kanzlei in die Hand gedrückt bekommen.
Wenn ein Mandant anruft, ist damit der Azubi, der erste, mit dem der Mandant zu tun hat. Wenn ich später eine Kanzlei haben sollte, möchte ich, dass ein voll ausgebildeter Mitarbeiter als erstes ans Telefon geht.
In der Praxis müssen allerdings viele Auszubildende das Telefon übernehmen und leiten die Mandanten dann an die zuständigen Sachbearbeiter weiter.
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Das Postbuch ist auch eine sehr typische Aufgabe für ein Steuerbüro.
Die Arbeit von Steuerfachangestellten ist sehr durch die Beachtung von Fristen geregelt. Um diese Fristen zu berechnen und einen Überblick über sie zu haben, ist es wichtig, zu wissen, wann welche Briefe angekommen sind und wann sie verschickt wurden.
Diese Aufgabe wird sehr gerne an die Azubis „ausgelagert“. Das ist aber eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe!
Die typischste Azubi-Aufgabe überhaupt.
Natürlich müssen die Kollegen und die Mandanten mit Kaffee versorgt werden und offensichtlich beherrschen viele Sachbearbeiter die hohe Kunst des Kaffeekochens nicht besonders gut.
Deswegen müssen die wahren Kaffeekünstler (die Auszubildenden) ran.
Das Literatursortieren ist wohl eine aussterbende Azubi-Aufgabe.
Im Augenblick haben aber noch viele Kanzleien dicke Gesetzbücher oder Kommentare, die regelmäßig durch Ergänzungslieferungen erweitert oder erneuert werden. Wenn diese Ergänzungslieferungen kommen, müssen sie natürlich von irgendjemandem in die vorhandenen Gesetzbücher einsortiert werden.
Wer eignet sich da nicht besser als ein Auszubildender oder eine Auszubildende?
Ich persönlich musste in meiner Ausbildung nie irgendetwas einkaufen.
Aber man ist immer wieder überrascht, wie viele Sachen so ein Steuerbüro benötigt. Kekse, Kaffee und Milch für die Mandantenbesprechungen. Toilettenpapier, Seife usw. für die Toilette. Dazu kommen noch diverse Büroartikel wie Briefmarken, Briefumschläge, Stifte, Papier, und eigentlich alles, was so auf dem Schreibtisch rumliegt.
Inzwischen gibt es zwar das Internet und man kann eine ganze Menge bestellen, aber man kann ja auch den Azubi losschicken.
Eine absolute „Todsünde“ im Steuerbüro ist es, die vertraulichen Mandantenunterlagen in den einfachen Papiermüll zu werfen.
Aus Datenschutzgründen müssen alle Unterlagen mit persönlichen Daten und Angaben vernichtet werden. Darüber hinaus wird das Archiv in jedem Frühjahr aussortiert und die Unterlagen, bei denen die gesetzliche Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist, dürfen vernichtet werden.
Die Arbeit am Shredder hat etwas Meditatives und ist häufig allein den Auszubildenden vorbehalten.
Lehrjahre sind keine Herrenjahre – bei den oben genannten Aufgaben entsteht tatsächlich der Eindruck, dass durchaus etwas Wahres an dem Spruch ist.
Ich persönlich finde das aber auch überhaupt nicht verwerflich, denn einige der genannten Aufgaben sind unheimlich wichtig, wie zum Beispiel das Postbuch, das Archivieren und die Aktenvernichtung.
Als Azubi lernt man auch bei diesen Aufgaben.
Jetzt bin ich auf deine Erfahrungen gespannt. Schreibe mir doch einen Kommentar unter diesen Artikel oder beteilige dich im Forum an der Diskussion zu dem Thema: Welche Aufgaben hast du im ersten Lehrjahr gemacht?
13 Comments
Zu meine Azubi Aufgaben: Postausgang, Kaffee /Tee kochen, Jahresabsschlüsse binden , Einkauf für Büro gehörten im 1. Jahr auch dazu.
Zu meinen Aufgaben:
Ordner ins Archiv bringen
Kopieren (Fachliteratur) (und das den ganzen Tag)
Bescheide nicht prüfen, sondern nur in den Ordner ablegen
Kreditoren nicht kontieren oder gar buchen, sondern einsortieren
Irgendwelche Serienbriefe
Den Haustechniker spielen
Die Sozialräume putzen (und damit sind auch die Toiletten gemeint)
Am nächsten Tag sie erneut putzen, da sie nicht sauber genug waren.
Papiereimer ausleeren und das Papier sortieren nach „noch nutzbar“, „vernichten“, „Schmierpapier“.
Lehrjahre sind keine Herrenjahre.
Aber Steuerberater sind keine Herren!!
Ich bin dafür, dass ein jeder Steuerberater, der ausbilden möchte einen Nachweis der berufs- und arbeitspädagogischen Qualifikation bringt, um ausbilden zu können.
Aber dafür ist die Steuerberaterkammer zu feige.
“ […] Steuerberater […] müssen keine Ausbildungseignung nach AEVO nachweisen, um ausbilden zu dürfen (vgl. § 30 Absatz 4 Punkt 3 Berufsbildungsgesetz)“
Quelle: Wikipedia
Ja, aber wer sagt, dass eine verrückte Prüfung einen auch so weit als Ausbilder qualifizieren lässt.
Ich bin dafür, dass jeder Steuerberater an der sogenannten AdA-Prüfung teilnimmt und diese auch bestehen muss.
Und das auch ein Kontrollgremium dies nachprüft.
Ein bisschen lernen auf ne Prüfung und dann die Azubis Dreck fressen lassen kann man trotz bestandener Prüfung.
Eine solche Prüfung hilft nicht, aber dennoch ist es ein Schritt nach vorne.
Letztlich brauchen wir wirklich ein Kontrollgremium.
Ich glaube, dass die IHK da viel neutraler wirkt als die Steuerberaterkammer.
Wenn ich nur überlege, dass manche Steuerberaterkammer einem Azubi hindert, die Ausbildung fertig machen zu können.
Bin genau deiner Meinung!
„Fleißaufgaben“ zu machen gehört als Azubi dazu. Zumal die Kollegen auch nicht immer Zeit haben können einem immer alles zu erklären. Da muss man die ein oder andere Stunde auch mal anders füllen. Das ist schon ok. Was gar nicht geht ist den Azubi putzen lassen. Zumindest wenn er der alleinige Depp ist. Da gehört ein Team dazu und wenn die Kanzlei keinen Putzdienst für Toiletten hat, sollte es einen Plan geben wo jeder mal ran muss egal in welcher Hierarchie Stufe! Das Steuerberater nicht viel darüber Bescheid wissen was es bedeutet Auszubilden, und man Glück braucht um an jemanden zu geraten der die nötige Sozialkompetenz mitbringt ist schon bisschen Schade. Da sollte wirklich noch ne Ausbildereignungsprüfung her! Ich hatte da zum Glück; Glück 🙂
Aber bei allen Beschäftigungsmaßnahmen darf der Lern- und Erklärteil nicht zu kurz kommen. Dafür sind Azubis aber selbst Verantwortlich, Ihre Ausbilder auch zu fordern und sich nicht nur seinem Schicksal zu ergeben!
Grüße Rainer
Ich kenne zumindest eine Kanzlei, wo trotz Reinigungsfachkraft, dennoch die Räume (und Toiletten) geputzt werden mussten. Das wurde dann zwischen den Azubis aufgeteilt. Ein Azubi hat sich nicht drum gekümmert. Die Azubine war entsprechend beschäftigt. Also blieb das bei nur zwei Azubis hängen. Da die eine dann in Prüfungsmodus ging, blieb nur ein Azubi übrig. Kann man ja so machen…
„Da sollte wirklich noch ne Ausbildereignungsprüfung her! Ich hatte da zum Glück; Glück“
Letztlich frage ich mich ersthaft, was solch eine Ausbildereignungsprüfung den bewirkt.
Das ist wie ein Führerschein. Und nachdem ich ihn bestanden habe, kann ich ja rumrasen, wie ich möchte, hetzen, pöpeln, rechts überholen usw… was hilft dann?
Also natürlich sind Lehrjahre keine Herrenjahre. Und irgendjemand muss nun mal den Job machen. Aber das muss spätestens im 2. Jahr aufhören, bzw. mit qualitativ höheren Aufgaben zum Teil ergänzt werden.
Ich hab damit kein Problem „mal“ den Müll raus zu bringen oder „mal“ Kaffee zu kochen.
Aber es fängt an, wie es organisiert wird.
Wenn bei 100 Mandanten die zu vernichtenden Unterlagen einem Azubi übergibt, der sie shreddern muss, mit einem Shredder, der nach 10 Blätter ausgeleert werden muss.. dann ist da was falsch organisiert.
Dann ruft man da ein spezialisiertes Unternehmen an (z. B. Reisswolf) und packt die Ordner in die Tonne.
Und Schwachsinn ist es auch, wenn jeder Mitarbeiter jedes Blatt in den Papierkorb schmeißt und der Azubi die Papierkörber sammelt und jedes Blatt nach „Shreddern“; „nutzbar“ oder „normal wegschmeißen“ sortieren muss… auch das ist schwachsinnig…
Letztlich macht auch der Ton die Musik aus.. und das ist, was auch bei vielen denke ich einfach falsch ist.
Da hast du absolut Recht, Liebknecht.
Natürlich gibt es diese 15 Jährigen Schulabgänger für die die Arbeitswelt dann plötzlich ein Schock ist und die sowieso nicht wissen was sie wollen und dann merken, dass die Ausbildung total langweilig ist. Die wahren Probleme haben aber nicht die, sondern die, die die Ausbildung zu Ende bringen wollen nur nicht wissen ob sie es unter solchen Bedingungen durchhalten. Wenn man sich entscheiden muss zwischen Ausbildung und Menschenwürde, dann braucht man besseren Rat als „Wenn dein Chef heute einen schlechten Tag hat dann frage ihn lieber morgen oder geh zu einer älteren Kollegin.“.
Ja, es gibt Fleißaufgaben, aber manchmal frage ich mich wie es Kanzleien machen die keinen Azubi haben? Es sollte schon gerecht aufgeteilt werden. Vor allem wenn der Azubi eben nicht mehr 15 ist, sondern 20 oder sogar schon 30. Und was ich überall im Leben sehe, nur weil man Chef ist, hat man noch lange nicht das Recht unverschämt zu sein. Für mich sind prinzipiell erstmal alle Menschen, man sollte höflich zueinander sein, aber wahren Respekt muss man sich verdienen, auch als Chef.
Du hast es erfasst und auf den Punkt gebracht.
Leider ist es so in vielen Kanzleien, dass die Chefs den Respekt bereits erwarten und selber keinen haben.
Ich denke, dass hat aber auch viel mit der Arbeitsintensität zu tun, die auch an einen StB nicht spurlos vorbei geht.
Meine Tochter ist im 3. LJ und erledigt ebenfalls die bereits genannten Tätigkeiten. Weiterhin wurde sie mir der Buchführung von Kunden beauftragt und sie erstellt die Steuererklärungen von Mandanten.
Sie muss allerdings die Widersspuchsfristen alleine beachten und mit dem Finanzamt telefonieren. Heute wurde ihr mit Kündigung gedroht, weil sie genau das wegen Krankheit vergessen hatte. Aber ist das richtig?
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Diesen Spruch haben schon viele Azubis, vor allem im technischen und handwerklichen Bereich, von Gesell_Innen und Ausbilder_Innen gehort und sich gefragt: „Was soll das eigentlich hei?en?“ Die Redewendung kann im extremen Fall auch so ubersetzt werden: „Ich bin der Ausbilder, wei? wie es lauft und der Azubi hat zu tun, was ich sage!“ Andere Spruche, die man als Azubi zu horen bekommen kann sind beispielsweise „Saustift“ (Azubi im ersten Lehrjahr) oder „Arsch zum Bier holen“ (A-zu-Bi). Nun wird das sicherlich nicht immer ernst gemeint sein, aber es nervt doch irgendwie – mal davon abgesehen, dass „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ auch ein mannlich dominiertes Berufsbild reproduziert. Nun, woher kommen eigentlich solche Spruche und was bewirken sie?