Wahrscheinlich hast du die Nacht vor deinem ersten Arbeitstag nicht allzu fest geschlafen. Es gibt zwar viele aufregende Dinge im Leben. Am aufregendsten sind jedoch meist die, die du zum allerersten Mal tust.
Nun steht dir ein solches Novum bevor: Dein erster Arbeitstag als Azubi in der Kanzlei.
Tausend Fragen und Gedanken schwirren dir durch den Kopf: Wie werde ich mich anstellen? Nehmen mich meine Kollegen gut auf? Ist der Chef zufrieden mit meiner Arbeit? Kann ich das alles bewältigen?
Ich sage dir dazu: Yes, you can! Denn dein Chef hat sich bewusst für dich als Azubi entschieden.
Natürlich hast du deinen Chef und die Kanzlei – vielleicht auch schon ein paar andere Mitarbeiter – bereits beim Vorstellungsgespräch kennen gelernt. Oder während eines Praktikums, das du vorher in der Kanzlei absolviert hast.
Das ist jedoch eine atypische Situation und hat natürlich wenig mit dem Kanzleialltag zu tun. Diesen Alltag wirst du von nun an jeden Tag etwas mehr kennen lernen…
„Neulings“ -Knigge
1. Für den erste Eindruck…
…erhält man keine zweite Chance. Dies gilt auch für dein Azubi-Dasein. Unterschätze den allerersten Eindruck nicht. Selbst Jahre später kann dieser von entscheidender Bedeutung für deinen Chef und deine Kolleginnen sein, wenn sie an dich denken. Es ist eine Art Brandzeichen, das du auferlegt bekommst.
Doch das klingt schlimmer als es ist. Schließlich hast du großen Einfluss, ob dieses „Branding“ gut oder eher mies ausfallen wird. Wichtig ist, sich vorerst mit überschwänglichem Enthusiasmus und Fragen-Bombardements zurückzuhalten.
Die meisten Neulinge sind naturgemäß sowieso zurückhaltend die erste Zeit. Das ist in dem Fall von Vorteil. So gewinnst du nach und nach einen Eindruck, welche „Gesetze“ in deiner Kanzlei herrschen.
Natürlich darfst du auch deine Motivation zeigen, indem du Fragen stellst!
2. Es ist nicht Jacke wie Hose, welches Outfit du trägst…
Da niemand aus der Kanzlei weiß, welch tolles Los sie menschlich mit dir gezogen haben, musst du ganz besonders viel Wert auf dein Äußeres legen.
Gepflegtes Auftreten ist sowieso ein Muss. Du wirst zwar kein Gast einer Gala sein, jedoch ist es ein absolutes No Go, underdressed zu erscheinen. Jedoch ist anzuraten, in den ersten Tagen eher dezente, qualitativ hochwertige Sachen zu tragen.
Den neongelben Blazer kannst du dann in Woche 2 herauskramen ;-).
Du findest bei steuerazubi auch einen ausführlichen Artikel zum Thema Kanzlei-Dresscode.
3. Die Vorbereitung
Hier gibt es nur zu sagen: Sei um Gottes Willen pünktlich. Nimm am besten drei Bahnen oder Züge eher. Fahre lieber 45 Minuten mit Fahrrad oder Auto eher los, als du eigentlich für die Strecke benötigst.
Wenn du 10 Minuten eher in der Kanzlei ankommst, ist das optimal.
4. Der Einstieg in den Kanzleialltag
In den meisten Fällen wird es so sein, dass dich dein Chef oder einer der Kollegen, die in der Kanzlei am meisten mit dir zu tun haben werden, dir alle Räumlichkeiten zeigen werden.
Vielleicht bekommst du eine Kopiergerät- Einweisung (das muss kein schlechtes Omen sein, denn den Kopierer/ Scanner wirst du für viele Abläufe benötigen :-)).
Versuche aufmerksam zuzuhören und dir soviel wie möglich zu merken. Das ist zum Teil leichter gesagt als getan, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Man benötigt eigentlich erst einmal Zeit, um sich zu akklimatisieren und in der neuen Situation anzukommen.
Aber wozu gibt es Zettel & Stift?! Notiere dir einfach die Informationen. Das macht einen guten Eindruck, denn du wirkst gelehrig und motiviert. Auch Schaubildern und Karteikarten sind eine Möglichkeit, der Informationsflut Herr zu werden.
5. Der Ärger mit den Namen…
Nimm´ dir den Druck, die Namen deiner Kolleginnen alle auf einmal merken zu wollen. Falls du kein Namensgedächtnis-Genie bist, genügt es, diese in ca. einer Woche im Gedächtnis abgespeichert zu haben.
Bei Fragen wirst du dich in den meisten Fällen erst an Kolleginnen wenden und nicht gleich deinen Chef behelligen. Das ist eine gute Gelegenheit für ein Namenstraining ;-).
6. Tu das nicht!
Bitte unterlasse Folgendes:
- Sämtliche Handyaktivitäten (auch wenn es verlockend ist, allen zu schreiben, dass du noch lebst :-)) – stelle es entweder ganz aus oder lautlos
- Kaugummi kauen
- Duze deine Kolleginnen nicht vorzeitig. Falls das „Du“ mal herausrutscht (ist mir selbst auch schon passiert) ist das nicht schlimm. Eventuell bietet diejenige dir dann auch gleich an, weiterhin zu duzen. Falls jedoch nicht, achte darauf, dass es nicht zu oft passiert.
7. Champagner und Hummer als „Einstand“?
Bestenfalls wartest du ein paar Tage, bis du deinen Einstand mit den anderen Mitarbeitern feierst. Möglicherweise erkennst du dann schon eventuell vorhandene Präferenzen, was kulinarische Dinge angeht.
Natürlich nicht mit oben genannten Luxusartikeln. Ein selbst gebackener Kuchen oder andere Naschereinen gehen eigentlich immer :-).
8. Erster Tag: Check! Und nun?
Nun war das erst der Anfang und du wirst noch hunderte davon meistern! Gehe nach dem ersten Tag in dich und lasse alles mit Abstand nochmals auf dich wirken… Gibt es Fragen, die noch unbeantwortet sind? Notiere diese am besten für morgen.
Bist du zufrieden mit dir? Natürlich stehst du noch im Welpenschutz und das ist auch gut so. Jedoch hält dieser Bonus nicht ewig an. Du sollst und wirst ein vollwertiges Mitglied für deine Kanzlei werden.
Versuche, stetig an dir zu arbeiten (dies sollten übrigens nicht nur Neulinge tun ;-)).
Als Neu-Hinzukommende hast du auch einen gehörigen Vorteil: Du unterliegst (noch) nicht der viel besagten Betriebsblindheit.
Zu gegebener Zeit kannst du punkten, indem du eventuell nicht optimal stattfindende Kanzleiabläufe hinterfragst (dies am besten nur gedanklich) und Besserungsvorschläge hervorbringst.
Doch wie gesagt – zu gegebener Zeit.
Sicher werden dir dieses Dinge recht schnell auffallen. Speichere sie dir ab und irgendwann (wenn es nicht mehr allzu besserwisserisch rüberkommt) kannst du damit glänzen (Wir alle wissen, dass so etwas immer eine Form von Kritik darstellt und diese nicht immer willkommen geheißen wird. Du musst hier Feingefühl für deine Kolleginnen/ deinen Chef beweisen, inwieweit und zu welchem Zeitpunkt du solche Sachen ansprechen kannst).
Falls dein Chef dich am nächsten Tag um ein Feedback bittet, äußere dich charmant, jedoch ohne zu schleimen. Noch ehe du dich versiehst, kehrt eine angenehme Routine für dich ein.
Wichtig ist, sich nicht allzu schnell auszuruhen. Bleibe neugierig.
Frage. Du bist hier, um zu lernen.
Ein gutes Team um dich herum, das auch Fehler zugesteht, dich auf der anderen Seite auch fordert, wird dir helfen, eine guter Azubi zu werden.
Auf geht´s in die Kanzlei!
Wie ist dir dein erster Kanzleitag in Erinnerung geblieben? Oder steht dir dieser noch bevor und du bist total aufgeregt?
Schreib das doch ins Forum und lass alle daran teilhaben!
1 Comment
Aufschreiben, was man so mitbekommt ist ganz wichtig. Am Besten gleich am PC in einem ordentlichen Word-Dokument (mein Dokument aus meinem ersten Lehrjahr konnte ich dann gleich an unsere neue Sekretärin vererben).
Vor allem Routineaufgaben und Dinge die man am PC gezeigt bekommt lohnt es sich aufzuschreiben. Da darf man sich auch nicht schämen, wenn der Kollege kommt zu sagen “ Moment noch, ich brauche noch kurz etwas zu Schreiben.“.
Wenn man Fragen hat sollte man sich die, soweit man noch weiter arbeiten kann, alle aufschreiben und dann in einem Aufwasch die Kollegen fragen, lieber nachfragen ob diese ein paar Minuten Zeit haben deine 20 Fragen zu beantworten als alle halbe Stunde die Frage schnell einzuwerfen.
Auch Aufschreiben: Wenn ein Kollege beim Finanzamt anruft, was sie genau fragen und wie sie sich ausdrücken. Es wird der Tag kommen, da wird dir gesagt „Ruf mal beim Finanzamt an und stimme die Umsatzsteuer ab.“. Und dann rufst du da an und wenn der Finanzbeamte noch Fragen hat musst du ihn gleich wieder an den Kollegen weiterleiten, weil du ja gar nicht wusstest, was das genau bedeutet und welche Informationen du fürs FA parat haben musst. Sowieso, wenn jemand dir etwas sagt und du verstehst irgendwie nicht so 100%ig, was, wozu, weshalb, dann frag einfach nach „Wie ist das genau gemeint? Was soll ich genau sagen?“. Denn viele Aufgaben und Formulierungen sind für die Steuerfachangestellten so alltäglich, dass sie gar nicht realisieren, dass jemand, der noch nie mit Steuern zu tun hatte einfach nur Bahnhof versteht.
Und als Mitbringsel ist man glaube ich mit einer gekauften Keksmischung auf der sicheren Seite, da ist für jeden was dabei und man kann sich gut etwas mit dem Kaffee mit an den Platz nehmen. Viele Kollegen sind einem selbstgebackenen Kuchen gegenüber nämlich auch etwas misstrauisch 😉