Der Ausbildungsvertrag ist unterschrieben und endlich kann es mit der Ausbildung losgehen. Die ersten Monate deiner Ausbildung werden als Probezeit bezeichnet.
Was das genau ist und worauf du achten musst, erkläre ich dir in diesem Artikel.
Die Ausbildung beginnt immer mit der Probezeit.
Die Probezeit in der Ausbildung dauert mindestens einen Monat, höchstens aber vier Monate (§ 20 BBiG).
Der Sinn dieser Zeit ist es, herauszufinden, ob der Auszubildende für diesen Beruf geeignet ist.
Generell können du und auch der Ausbilder von einer Probezeit profitieren. Der Ausbilder findet während der Probezeit heraus, ob du für den Beruf, den du dir ausgewählt hast, geeignet zu sein scheinst, und ob du in den Betrieb passt.
Besonders in kleinen Steuerberaterkanzleien sieht man seine Kollegen jeden Tag und kann ihnen nicht ausweichen, wie beispielsweise in einem großen Unternehmen. Während der Probezeit finden du und deine Kollegen heraus, ob ihr zusammen passt und ohne große Krisen täglich miteinander auf relativ kleinem Raum arbeiten könnt.
Dass du in die Kanzlei zu passen scheinst, hast du bereits im Vorstellungsgespräch unter Beweis gestellt. Aber der erste Eindruck kann sich stets verändern, wenn man einige Wochen oder sogar Monate mit einem Menschen zu tun hat. Diese sozialen Faktoren sind meiner Meinung nach ebenso wichtig, wie herauszufinden, ob der Beruf zu dir und du zu dem Berufsbild passt.
Sollte in deinem Ausbildungsvertrag eine abweichende Probezeit geregelt sein, also solltest du beispielsweise weniger als einen Monat oder mehr als vier Monate Probezeit haben, so ist dein Ausbildungsvertrag nichtig.
Im Falle einer Kündigung während der Probezeit…
Während der Probezeit kannst du gemäß § 22 des Berufsbildungsgesetzes fristlos gekündigt werden. Die Kündigung kann sogar ohne einen Grund erfolgen. Der Ausbilder ist also berechtigt, dich von heute auf morgen zu kündigen, ohne dass er dir etwas über den Kündigungsgrund verrät.
Allerdings muss die Kündigung stets schriftlich erfolgen, denn sonst bist du nicht wirksam gekündigt worden. Andersherum gilt das natürlich genau so:
Du selbst darfst auch kündigen, und zwar ebenfalls ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, und auch ohne Angaben von Gründen. Auch deine Kündigung muss schriftlich erfolgen.
Sollte dich dein Ausbilder plötzlich entlassen, so kann es natürlich für dich hilfreich sein, ihn nach den Gründen für die Kündigung zu fragen. Immerhin hatte der Ausbilder vor, dir durch die dreijährige Ausbildung eine berufliche Perspektive zu ermöglichen und sieht nun mindestens einen triftigen Grund, der dagegen spricht. Dieser Grund kann dir helfen, dich zu verbessern, sollte es an dir liegen.
Auch wenn du deinem Betrieb während der Probezeit fristlos und ohne Angaben von Gründen kündigen möchtest, solltest du darüber nachdenken, ob du nicht mit deinem Ausbilder über deine Beweggründe sprechen möchtest. Auch wenn du keine Klärung von Problemen wünscht und einfach nur eine neue, bessere Kanzlei gefunden haben solltest, so kann es für den Ausbilder hilfreich sein, das zu erfahren.
Denn der Ausbilder hat immerhin einen Ausbildungsplatz zu vergeben und möchte diesen gerne auch mit einem Azubi besetzen. Wenn du plötzlich weg bist, möchte der Ausbilder natürlich gerne wissen, was er tun kann, damit der nächste Azubi länger bleibt als du.
Sollte deiner Ausbildung mit einem vorangehenden Praktikum beginnen, so kannst du, wenn nicht anders vereinbart, während dieses Praktikums ähnlich wie in der Probezeit gekündigt werden. Die Zeit, die du in dem Praktikum arbeitest, wird dir nicht als Ausbildungszeit angerechnet und kann auch nicht von der Probezeit abgezogen werden.
Solltest du während der Probezeit gekündigt werden, hast du einen Anspruch auf eine Erstattung der Lohnfortzahlung, die dir durch den nicht genommenen Urlaub entgangen ist. Man spricht dabei von der „Urlaubsabgeltung“ § 7 Abs. 4 BUrlG.
Während der Probezeit darfst du…
Verschiedene Betriebe regeln es auf verschiedene Weisen, ob man während der Probezeit Urlaub nehmen soll oder nicht.
Häufig wird es vorkommen, dass man während der Probezeit Urlaub nehmen kann (auch weil es gesetzlich erlaubt ist), aber die Frage ist auch, wie du dich präsentieren möchtest und ob du Urlaub nehmen möchtest.
Unter’m Strich ist gerade der Anfang deiner Ausbildung die Zeit, in der du zeigst, wie du dich während der Ausbildung verhalten möchtest. Du zeigst dich also von der – hoffentlich – besten Seite, damit der Ausbilder und auch eventuell die Kolleginnen und Kollegen entscheiden können, ob sie dich in der Kanzlei haben wollen und ob die Ausbildung mit dir zielführend sein wird. So solltest du natürlich die größtmögliche Motivation zeigen und Spaß an der Arbeit durch Anwesenheit belegen.
Es bleibt also dir überlassen, ob du Urlaub in der Probezeit nehmen möchtest. Vielleicht bietet es sich an, in der Probezeit immer dein bestes zu geben und immer anwesend zu sein – am besten natürlich ohne Ausnahme.
Das Recht auf Urlaub in der Probezeit hast du laut Bundesurlaubsgesetz auf jeden Fall. Du kannst jeden Monat – auch die Monate deiner Probezeit – je ein Zwölftel deines Jahresurlaubs nehmen (§ 5 Abs. 1 BUrlG).
Ich habe bereits von vielen Menschen gehört, dass man während der Probezeit möglichst nicht krank sein sollte.
Allgemein gilt aber: Wer krank ist, ist krank. Wenn dein Arzt entscheidet, dass du nicht arbeiten sollst, dann darfst du das auch nicht tun.
Niemand will von dir angesteckt werden und du darfst niemals über deine körperlichen und gesundheitlichen Grenzen gehen.
Solltest du während der Probezeit ernsthaft und für längere Zeit erkranken, kann deine Probezeit verlängert werden. Die Höchstdauer von vier Monaten darf jedoch trotzdem nicht überschritten werden, auch wenn du ein Drittel der Probezeit erkrankst.
Hast du beispielsweise drei Monate Probezeit und warst einer dieser Monate krank, so darf die Probezeit auf insgesamt vier Monate verlängert werden, also dürfen nach der Krankheit ein oder auch zwei Monate an die Zeit angehängt werden.
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Während der Probezeit solltest du dich von deiner besten Seite zeigen. Du sollst deine Aufgabe sehr ernst nehmen und alle dir aufgetragenen Aufgaben mit Sorgfalt ausführen. Abgesehen davon, dass dies deine Pflicht als Auszubildender ist, ist es ratsam, dich darauf in der Probezeit besonders zu konzentrieren.
Die Ausbildungszeit hat gerade erst begonnen und du bist vielleicht noch etwas nervös, durch die neuen Menschen eingeschüchtert und allgemein noch etwas unsicher. Also frage nach, frage so viel, wie es nur geht. Es gibt keine dummen Fragen, und es wird deinen Kollegen und deinem Ausbilder helfen, wenn man sieht, dass du ein großes Interesse am Erlernen des Berufes hast.
Sobald du eines Tages versehentlich zu spät kommen solltest, morgens verschläfst oder Zeit in der Berufsschule verpasst, solltest du dich sofort im Betrieb melden. Es ist ganz wichtig, offen mit allen Problemen umzugehen, damit in der Probezeit klar wird, dass du ein gewissenhafter, gutmütiger Azubi bist.
Von Verbesserungsvorschlägen und Kritik solltest du ebenfalls Abstand nehmen. In diesen ersten Monaten deiner Ausbildung versuchst du, dich in den neuen Betrieb einzugliedern. Du bist als Azubi nicht in der Position, an Arbeitsabläufen herumzunörgeln oder das Rad neu zu erfinden. Solltest du dich mit einer Kollegin sofort gut verstehen und solltet ihr zufällig auf ein Thema in dieser Richtung stoßen, ist das natürlich eine andere Sache.
Du weißt während der Probezeit noch nicht genau, welche Menschen wie auf was reagieren, also solltest du vorsichtig damit sein, wie du mit anderen Menschen kommunizierst.
Denke mal wieder daran, wie andere Leute das aufnehmen könnten, was du sagst. Während der eine dich zu schüchtern findet, kann dich ein zweiter zu aufgeweckt und selbstbewusst finden.
Um einen guten Azubi abzugeben, solltest du während der Probezeit vielleicht auch die Eigeninitiative ergreifen und auf Kleinigkeiten achten, die dir auffallen.
Wenn eine Tür quietscht, so kannst du im Putzschrank nachschauen, ob es etwas gibt, um das Problem zu beseitigen. Ich habe beispielsweise nach tagelangem knarren der Türen WD-40 gefunden, das Problem innerhalb einer Minute gelöst und somit einen guten und soliden Eindruck gemacht (hoffe ich mal 😉 ).
Schaue doch nebenbei noch ab und zu in die Spülmaschine, Kaffeemaschine usw. Und frage doch deine Kollegen oder den Chef zu einer passenden Zeit, ob sie noch einen Kaffee haben wollen. Dabei sollst du natürlich nicht den Diener spielen oder unnatürlich wirken, denn so kannst du als Azubi vielleicht ausgenutzt werden oder dich lächerlich machen.
Frage einfach ganz nett und natürlich, und versuche, du selbst zu sein.
Zusammengefasst sollst du in der Probezeit besonders…
sein.
Ich habe bereits im Artikel über den Ausbildungsvertrag angemerkt, dass der Ausbildungsvertrag kein Arbeitsvertrag ist. Damit hängt auch zusammen, dass nach der Ausbildung eine erneute Probezeit verordnet werden darf, wenn du in deinem Ausbildungsbetrieb übernommen werden solltest.
Ob du einen befristeten oder unbefristeten Vertrag mit deinem Arbeitgeber eingehst, ist dabei unerheblich.
Es gibt dabei zwei Versionen einer Probezeit:
Ein Probearbeitsvertrag ist befristet und muss schriftlich festgehalten werden.
Das Arbeitsverhältnis endet automatisch nach Ablauf der Probezeit, ohne dass du oder dein Chef kündigen müsst.
Wenn du nach Ablauf des Probearbeitsvertrages weiterhin in deinem Betrieb arbeitest, ist automatisch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet. Das gilt übrigens auch für eine Weiterbeschäftigung nach der Abschlussprüfung.
Der automatisch entstehende, unbefristete Arbeitsvertrag muss zunächst nicht schriftlich festgehalten werden. Er ist formfrei.
Die Probezeitvereinbarung im Arbeitsvertrag sieht etwas anders aus. Hier wird kein befristeter Arbeitsvertrag geschlossen, sondern ein unbefristeter. Die Probezeit darf hier bis zu 6 Monate dauern und du kannst in dieser Zeit mit einer Frist von 2 Wochen grundlos gekündigt werden (§ 622 Abs. 3 BGB). Auch wenn du am Ende der Probezeit gekündigt wirst, kann es sein, dass das Arbeitsverhältnis erst nach diesen zwei Wochen, also nach Ende der Probezeit aufhört.
Jetzt weißt du wirklich alles über die Probezeit. Nicht nur, wie diese Angelegenheit in der Ausbildung geregelt ist, sondern auch, was dich nach der Ausbildung zum Thema Probezeit erwarten kann. Hast du Fragen oder sogar Ergänzungen? Ich freue mich über einen Kommentar.
2 Comments
Hallo Kia,
ich befinde mich in der Ausbildung zur Industriekauffrau, oder besser gesagt, ich befand mich in der Ausbildung. Letzten Freitag würde mir zu meinem Entsetzen mit folgenden fadenscheinigen Gründen während der Probezeit gekündigt:
– ich hätte ein Büro betreten, obwohl ich dies nicht dürfte. Davon hatte ich keine Kenntnis, ich wollte dort nur eine Rechnung ablegen. In diesem Zusammenhang hätte ich auf dem Schreibtisch vom Chef herumgeschnüffelt. Diese Behauptung ist schlicht ergreifend gelogen. Warum sollte ich das auch tun…
– ich hätte Unterlagen auf demxgemeisamrn Dcheeibtisch meiner Kollegin, die mich unterweist, durchgesehen
– ich wäre bei Xing aufgrund dem Vorhaben einer Selbstständigkeit auf der Suche nach Mitarbeitenden. Hatte ich vor meiner Ausbildung mal geplant, aber mein Vorhaben hatte ich wieder aufgegeben. Meinen Account hatte ich vergessen zu löschen, leider.
– dem Ausbilder gefällt nicht, wie ich gehe und stehe, das sagte er wörtlich. Ich bewerte diese Äußerung als diskriminierend
– ich sollte mich in meiner Pausenzeit den Heflogenheoten der anderen Lehrlinge anpassen und mich nicht mit einem Buch in die Ecke verkrümeln, zumal die Buchtitel über Selbstständigkeit nicht ins Unternehmen passen
aus v. g. Gründen müssen sie mir leider kündigen
Ich verstehe die Welt nicht mehr. Ich wollte diese Ausbildung unbedingt machen. Ich war immer freundlich,höflich meinen Kollegen gegenüber. Ich habe immer vollstes Interesse für meine Aufgaben gezeigt. Ich habe mir nichts, rein garnichts zu Schulden kommen lassen.
Bin sogar in der Berufsschule als stellvertretende Klassensprecherin gewählt worden.Nun stehe ich da und weiß nicht, wie es weitergehen soll. Wie soll ich im laufendem Jahr eine Ausbildungsüvernahme von einer anderen Firma finden?
Kannst du mir helfen oder mir einen Tip geben? Ich bin ziemlich verzweifelt…
Vorab schon mal vielen Dank für eine Rückmeldung.
Viele Grüße
Marika
Hallo Marika!
Wow, da fällt man ja aus allen Wolken. Aber die „gute Nachricht“ zuerst: Du bist nicht allein!
Wenn man sich mal überlegt, was für Deppen sich Azubis suchen und mit ihnen machen, was sie wollen, ist das eher eine traurige Nachricht, aber es wird dir nutzen: Du bist nicht die einzige, der es so geht.
Es gibt noch eine zweite gute Nachricht: Du kannst natürlich die Berufsschule weiterhin besuchen, auch ohne einen Ausbilder. Das geht nur für ein paar Monate, aber die Leute aus der Schule sind für dich da.
Zunächst musst du dich so schnell wie möglich beim Arbeitsamt arbeitslos und arbeitsuchend melden, wenn du Leistungen von denen erhalten möchtest.
Da du, wenn dieser abgebrochene Anfang der Ausbildung deine erste und eintzige sozialversicherungspflcihtige Arbeit war, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hast und die dich bei der Berufsberatung ohnehin ein bisschen „rumschubsen“, kannst du auf diesen Schritt auch verzichten. Ich hatte vor etwa einem Jahr dasselbe Problem wie du, mir ging es genauso. Ich musste dann zwei Monate ohne Geld meine Miete bezahlen und gleichzeitig eine neue Ausbildung finden.
Und der wichtigste Tipp, den ich dir geben kann: Bewirb dich!
Frag alle Mitschüler aus deiner Klasse, ob sie bei ihren Chefs nachfragen können, ob da jemand noch einen Platz für dich hat. Frage unbedingt deinen Klassenlehrer! Er kennt auch die Azubis aus den anderen Lehrjahren. Wo jemand aufhört oder den Betrieb wechselt, kann dein Lehrer die Ohren offenhalten und dir bescheid geben. Er sitzt an der besten Quelle, die es geben kann!
Außerdem bewirb dich nicht nur auf Stellenanzeigen, sondern auch initiativ bei Firmen, von denen du weißt, dass sie ausbilden.
Verliere dabei aber nicht deine Ansprüche. Nur, weil du Geld zum Überleben brauchst und deine Traumausbildung machen möchtest, heißt das nicht, dass du jetzt aus Verzweiflung in die Arme des nächsten Arschloch-Ausbilders rennst und dich dort ebenso schlecht behandeln lässt.
Also: Frage überall nach, wo du kannst. Bewahre Ruhe und gehe die Sache strukturiert und mit Sinn und Verstand an. Vergiss nicht, was du (dir) wert bist.
Hier auf steuerazubi gibt es übrigens einen Artikel „wenn die Ausbildung der worst case ist“. Der könnte dir bestimmt auch helfen. Wir haben auch Artikel über Kündigungen geschrieben. Auch der Artikel „Ausbildungsabbruch vermeiden“ könnte hilfreich sein!
Ich wünsche dir alles erdenklich Gute
und halt die Ohren steif!
Kia
Achso! Noch eine Ergänzung:
Du kannst den alten Betrieb bei der zuständigen Kammer (IHK) melden. Tu‘ das, um zukünftigen Azubis ein ähnliches Leid zu ersparen.