Vor einiger Zeit haben wir euch hier auf steuerazubi.de nach eurer Meinung über die Ausbildung zur Steuerfachangestellten befragt. Bei der Umfrage ging es nicht nur um euch und eure Erfahrungen, sondern auch um ein Feedback an die Steuerberater.
Wie gut ist die Ausbildung organisiert, was muss in Zukunft noch besser werden und was funktioniert schon gut? Heute betrachten wir diese Ergebnisse einmal genauer und stellen den ausbildenden Steuerberatern ein Zeugnis aus.
Die hier vorgenommene Beurteilung beruht auf individuellen Erfahrungen der Teilnehmer unserer Umfrage, sie ist also weder repräsentativ noch gilt sie für alle Ausbildungskanzleien. Allerdings ist ein Trend zu erkennen, der einige Kernpunkte der Ausbildung anspricht. Das Zeugnis bietet jedem Steuerberater die Möglichkeit, die eigene Azubibetreuung zu reflektieren.
Das wichtigste bei jeder Ausbildung ist wohl der Ausbildungsinhalt. Wenn ein Auszubildender in seiner Ausbildung nicht den relevanten Lehrinhalt beigebracht bekommt, kann man gar nicht wirklich von einer Ausbildung sprechen.
Bei Auszubildenden zur Steuerfachangestellten heißt das im Konkreten, dass sie nicht nur als billige Kopier- und Schredder-Hilfe eingesetzt werden, sondern systematisch an die Gebiete Buchführung, Jahresabschluss, Steuererklärung und Mandantenberatung herangeführt werden. (Hier findest du unseren Artikel über den Ausbildungsrahmenplan)
In dieser zentralen Kategorie schneiden die Steuerberater sehr gut ab. Wir konnten von keinem einzigen Auszubildenden lesen, der das Gefühl hat, dass er einen Bereich gar nicht kennenlernt.
Wir sagen: Weiter so!
Der grundlegende Ausbildungsaufbau scheint in der Regel sehr gut zu funktionieren. Der Berufsschulunterricht gibt schon einen Rahmen vor und die Ausbildungskanzleien müssen sich entweder daran halten und dem Steuerazubi die Aufgaben zuweisen, die er bereits beherrscht, oder dem Azubi selbst das fachliche Knowhow vermitteln, damit er andere Aufgaben übernehmen kann.
Natürlich gibt es immer wieder Auszubildende, die ungeduldig sind und möglichst alles ganz schnell und früh lernen wollen, aber es macht in der Regel nicht sehr viel Sinn, den Azubi vollständig ins kalte Wasser zu werfen und ihn von vornherein alle Aufgaben erledigen zu lassen.
Wenn bis zur Abschlussprüfung alle relevanten Ausbildungsinhalte beigebracht wurden, reicht das vollkommen aus – nicht alles muss im ersten Lehrjahr passieren.
Das funktioniert in dem überwiegenden Teil der Kanzleien schon sehr gut!
Bei der Frage, wie den Auszubildenden neues Wissen näher gebracht wird, wird die größte Schwachstelle der Ausbildungskanzleien deutlich. Viele Auszubildende geben an, dass sich ihr Ausbildungsbetrieb mehr Zeit für die Azubis nehmen sollte, um ihnen die Aufgaben zu erklären, Unklarheiten zu besprechen und um regelmäßiges Feedback zu geben.
Es ist absolut verständlich, wenn der Ausbilder oder der Ausbildungspate mal keine Zeit hat und im Stress ist. Auf mittelfristige oder langfristige Sicht darf die Betreuung des Auszubildenden aber nicht unter einem zu hohen Arbeitsdruck der übrigen Mitarbeiter leiden.
Wir konnten häufiger von Fällen lesen, dass sich Auszubildende ganze Themengebiete selbst beigebracht haben oder dass sie wochenlang Arbeiten erledigt haben, deren Sinn und Zweck sie überhaupt nicht verstanden haben. Das ist natürlich fatal, weil der Auszubildende dadurch schnell die Motivation verliert und nie zum selbstständigen Arbeiten erzogen wird.
Unser Fazit ist hier: Das muss in einigen Kanzleien (zum Teil) deutlich besser werden!
Nicht nur wir, sondern auch viele Auszubildende, haben absolutes Verständnis, dass nicht immer ein Sachbearbeiter sofort Zeit hat, Arbeitsschritte zu erklären oder offene Fragen zu beantworten.
Wir empfehlen daher: Vereinbart feste Termine, um offene Fragen zu besprechen!
Die Azubis sollten sich während der Arbeit alle Fragen aufschreiben, die auftauchen und der Ausbilder oder der Ausbildungspate sollte sich an dem Termin wirklich ganz auf dem Azubi einlassen und ihm alle Fragen beantworten. Das heißt insbesondere:
Zwischen Theorie und Praxis liegt ein großer Unterschied und es hilft unheimlich, wenn sich der Ausbilder gelegentlich die Zeit nimmt und erklärt, wie die Theorie (aus der Berufsschule) in der Praxis umgesetzt wird.
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In den allermeisten Kanzleien ist es gängige Praxis, dass die Auszubildenden einen festen Ausbildungspaten haben, der für sie zuständig ist, sie einarbeitet und bei Fragen weiterhilft. In der Praxis scheint sich dies sehr bewährt zu haben.
Insgesamt haben 61,5% der Azubis angegeben, dass ihnen weitergeholfen wurde, wenn sie einmal eine Frage hatten. 46,2% haben dabei einen festen Ausbildungspaten, der für sie zuständig ist und 15,3% können grundsätzlich jeden in der Kanzlei fragen.
Wir konnten allerdings auch in einigen Fällen lesen, dass keine Ausbildungspaten zugeteilt worden waren, sich die Azubis aber einen festen Ansprechpartner gewünscht hätten (in etwa 15,4% der Fällen).
In anderen Fällen (etwa 19,2%) waren Paten zugeteilt, die aber aus verschiedenen Gründen nicht geeignet waren:
Es ist auffällig, dass Azubis, die einen guten Ausbildungspaten hatten, deutlich zufriedener mit der Ausbildung sind, also solche, die nicht wussten, wen sie in erster Linie ansprechen sollen.
Unser Fazit: In Kanzleien, in denen das System mit einem Ausbildungspaten umgesetzt wird, verläuft die Ausbildung deutlich besser. Diese Regelung sollte also überall umgesetzt werden und jeder Azubi sollte einen Paten haben!
Dieser sollte allerdings sorgfältig ausgesucht werden. Ein Ansprechpartner, der nie Zeit hat, ist kein wirklicher Ansprechpartner.
Wir haben Licht und Schatten gesehen. Während die rein fachliche Wissensvermittlung sehr gut geregelt ist, gibt es bei dem „Wie“ noch etwas Nachholbedarf. Viele Auszubildende wünschen sich etwas mehr Zeit und Zuwendung durch ihren Ausbilder. Das betrifft nicht nur das Erklären von Aufgaben, sondern auch Feedback und das Besprechen von offenen Fragen.
Wir haben unsere Leser befragt, welche Note sie Ihrem Ausbilder geben würden und was diese eventuell verbessern können.
Das ist der Zeitpunkt, an dem sich die meisten Steuerberater freuen dürfen. Insgesamt gibt es eine 2,4 für die Ausbildungsleistung. Das ist gutes Zeichen und zeigt, dass sich die Ausbildung bereits auf einem sehr hohen Niveau befindet. Allerdings ist auch zu erkennen, dass in Sachen „Art der Wissensvermittlung“ noch Nachholbedarf besteht.
Auf die Frage was besser werden soll, haben wir viele unterschiedliche Meinungen bekommen, die wir diesem Zeugnis zugrunde gelegt haben. Zwischen „Gar nichts, es ist alles super!“ und „Alles, da einfach alles schief gelaufen ist!“ war alles vertreten.
Wir sehen dieses Zeugnis als ein positives Feedback an die vielen Ausbildungskanzleien und als eine Aufforderung, die Ausbildung stetig zu überprüfen und zu verbessern. Ein offenes Gespräch zwischen Ausbilder und Azubi kann manchmal Wunder bewirken.